Gnadenfrist für Internet-Radios vorgeschlagen

Nach einem Gesetzesentwurf sollen die kleineren Internet-Radios in den USA vorerst von den umstrittenen Lizenzgebühren pro Song und Hörer befreit werden.

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Von
  • Jürgen Kuri

Die US-Parlamentarier Rick Boucher (Demokrat, Virginia), Jay Inslee (Demokrat, Washington) und George Nethercutt (Republikaner, Washington) und weitere Abgeordnete haben per Gesetzesinitiative vorgeschlagen, den kleineren Internet-Radios eine Gnadenfrist bei den Lizenzgebühren einzuräumen. Boucher, der bereits zuvor mit Äußerungen an die Öffentlichkeit trat, die der Musikindustrie nicht besonders behagten, und seine Kollegen möchten per Gesetz Webcaster mit jährlichen Umsätzen von weniger als 6 Millionen US-Dollar vorerst von Lizenzzahlungen befreien.

Nach der Entscheidung von James H. Billington, Leiter der Library of Congress, sind als Performance Fee für Webradios generell 0,07 Cent pro Musikstück und Hörer fällig. Billington hatte vorerst das letzte Wort in einer langen Auseinandersetzung zwischen Webcastern und Musikindustrie über Pauschallizenzen für reine Webcaster und Zusatzabgaben für die Webangebote normaler Radiostationen. Die Schiedsstelle des Copyright Office, der US-amerikansichen Urheberrechtsbehörde, hatte zuvor sogar das Doppelte an Lizenzgebühren vorgeschlagen.

Die umstrittene Entscheidung von Billington gilt aber nur bis zum Ende des Jahres 2002; danach sind neue Verhandlungen über Lizenzabgaben durch Webcaster fällig. Die Abgeordneten im Repräsentantenhaus wollen nun die bislang beschlossenen Gebühren für die kleineren Internet-Radios aussetzen, um ihr Überleben bis zu den Neuverhandlungen zu sichern. "Das Ziel ist schlicht und einfach, ihnen Lebenshilfe zu geben, bis sie in die nächste Runde eintreten", sagte Boucher. Außerdem sollen die kleineren Webcaster von den Gebühren befreit werden, die die offiziellen Schiedsstellen des Copyright Office für die Teilnahme an Schlichtungsverhandlungen fordern -- laut der Tageszeitung San Jose Mercury News können diese bis zu 300.000 US-Dollar betragen. Zudem sieht der Gesetzesentwurf vor, dass bei den zukünftigen Verhandlungen über die Lizenzgebühren nicht nur rein marktwirtschaftliche Gesichtspunkte, sondern auch die "Fairness" eine Rolle spielen. So hätten die Schiedsstellen den Effekt von Gebühren auf kleine Firmen im Vergleich zu den Großen der Branche besonders zu berücksichtigen.

Der so genannte Internet Radio Fairness Act wurde von den Webcastern als "potenzieller Lebensretter" begrüßt. Die Musikindustrie dagegen bezeichnete den Gesetzentwurf als "fehlgeleitet"; es wirke sich zum Nachteil gerade der Künstler aus, auf die sich die Radiostationen für ihr Auskommen stützten. Nach den Angaben der Website Save our Streams haben seit der Festlegung der neuen Gebühren bereits diverse Webcaster den Betrieb eingestellt. (jk)