In düsteren Zeiten strahlen die Anbieter von Billig-Computern
Die Computerindustrie hofft auf bessere Zeiten. Doch für die Hersteller von Personal Computern bleibt die Lage zur CeBIT 2002 prekär.
Die Computerindustrie hofft auf bessere Zeiten. Doch für die Hersteller von Personal Computern bleibt die Lage zur CeBIT 2002 prekär. Die schwache Konjunktur in Deutschland lastet wie Blei auf dem PC-Markt. Allerdings können Hersteller wie Medion und Gericom, die mit preiswerten Rechnern Handelsketten wie Aldi & Co. beliefern, optimistischer in die Zukunft schauen als etablierte PC- Unternehmen wie Fujitsu-Siemens oder Compaq. "Die Niedrigpreis-Kistenbauer haben in Deutschland eine starke Position", erläutert Brian Gammage, Analyst des Marktforschungsinstituts Gartner Dataquest.
Das Jahr 2001 wird auch hier zu Lande als "schwarzes Jahr" in die Geschichte der Computerindustrie eingehen. In Deutschland wurden im vergangenen Jahr 6,42 Millionen Personal Computer (Desktop-Rechner und Notebooks) verkauft. Das sind 7,3 Prozent weniger als im Jahr 2000 -- ein herber Schlag für eine Branche, die wie keine andere auf bedingungsloses Wachstum programmiert ist. Die gebeutelten PC-Hersteller machen vor allem den 11. September für den Rückgang verantwortlich. Doch etliche Experten glauben, dass die PC-Industrie auch ohne die schrecklichen Terroranschläge und ihre Folgen in eine Krise geschlittert wäre. "Das vergangene Jahr hat nicht viel Spaß gemacht", bilanziert Theodore Waitt, Chef des US-Herstellers Gateway, der sich inzwischen vom europäischen Markt zurückgezogen hat.
Der Marktführer in Deutschland, Fujitsu-Siemens, konnte 2001 laut Dataquest mit einem Absatz von 1,31 Millionen Rechnern und einem Marktanteil von 20,4 Prozent zwar die Spitze vor der versammelten US-Konkurrenz behaupten, lag aber 22,4 Prozent unter dem Vorjahresabsatz. Hart getroffen wurde auch Compaq: Die Texaner verloren in Deutschland im vergangenen Jahr fast ein Drittel des Geschäfts und erzielten nur noch einen Marktanteil von 8,2 Prozent. In dieser Größenordnung liegt inzwischen auch Medion, der Hauslieferant von Aldi, der allerdings erst in der zweiten Jahreshälfte in die Dataquest-Statistik aufgenommen wurde. In den beiden gemessenen Zeiträumen (3. und 4. Quartal) verkaufte Medion 250.000 PCs. Rechnet man diese Zahlen auf das gesamte Jahr hoch, dürfte das Duo Aldi/Medion in Deutschland sogar Compaq überholt haben.
Zweiter Gewinner neben Medion ist vor allem der österreichische Notebook-Produzent Gericom, der von einer niedrigen Basis aus phänomenal zulegen konnte. 60.000 Mobil-Rechner brachte das am Neuen Markt notierte Unternehmen über MediaMarkt und andere Absatzkanäle unters Volk, das sind 410 Prozent mehr als im Jahr 2000. "Für Gericom war das wirklich ein hervorragendes Jahr", sagt Gammage. Neben den beiden erfolgreichen Billiganbietern konnten sonst nur HP und Dell auf dem deutschen Markt Zuwachsraten erzielen. HP legte um knapp ein Viertel auf 6,8 Prozent Marktanteil zu, Weltmarktführer Dell arbeitete sich mit plus 35 Prozent auf einen Marktanteil von 6,0 Prozent vor und liegt nun auf Platz fünf.
Bislang wenig Einfluss hatte die Einführung des neuen Microsoft-Betriebssystems Windows XP, von dem sich so mancher PC-Hersteller einen ordentlichen Wachstumsschub erwartet hatte. "Ohne Windows XP wäre es im vierten Quartal vielleicht noch schlechter gelaufen", meint Branchenexperte Gammage: XP sei zwar ein gutes Betriebssystem, biete aber nur wenig völlig neue Dinge, um den Markt entscheidend zu stimulieren.
Für 2002 sehen die Marktforscher keine echte Trendwende: "Sie wissen, dass es mit der Konjunktur in Deutschland nicht so gut bestellt ist. Das wird sich auch auf den PC-Markt niederschlagen", betont Gammage. Besser sieht es im Bereich des Verbraucher-Marktes aus, der auch 2001 unter den schwierigen Rahmenbedingung noch um 3,6 Prozent gewachsen war. Für diese Kundengruppe versucht die Branche, den Kunden neue Anreize für den Kauf eines Rechners zu liefern.
"Der PC ist nicht mehr nur das elektronische Arbeitstier, sondern das Nervenzentrum einer neuen digitalen Welt, die Musik, Video -- aber auch nützliche Informationen umfasst", lautet das "Digital-Hub"-Credo von Microsoft-Gründer Bill Gates bis hin zu Apple-Chef Steve Jobs. Apple schaffte es immerhin, mit dieser Strategie schwarze Zahlen zu schreiben. In Deutschland leistet sich aber nur eine kleine exklusive Minderheit den "digitalen Lifestyle" à la Apple. Mit einem Absatz von 118.000 hochwertigen Multimedia-Rechnern erzielte der kalifornische PC-Hersteller im vergangenen Jahr in Deutschland nur einen Marktanteil von 1,8 Prozent. (Christoph Dernbach, dpa) / (jk)