Microsoft lässt sich Interactive Entertainment System patentieren
Der Softwaremulti hat eine Lücke im US-Patentportfolio entdeckt: Eine neue "Erfindung" beschreibt die Funktionsweise von bereits seit Jahren im Handel erhältlichen Settop-Boxen.
Die US-Patentbehörde hat einem Patentantrag von Microsoft auf ein Interactive Entertainment Network System stattgegeben. Die Patentschrift mit der Nummer 6,571,390 wurde bereits im Oktober 1998 eingereicht, das Patent aber erst am 27. Mai 2003 zugeteilt.
Kern des Systems ist eine Video-on-Demand-Applikation, die es Benutzern ermöglicht, sich Favoritenlisten aus allen verfügbaren Programmen zusammenzustellen. Der Zuschauer kann die Programme außerdem nach verschiedenen Kriterien wie Künstler oder Genre gruppieren. Die Favoritenlisten sind dauerhaft speicherbar, sodass der Zuschauer nicht nach jedem Anschalten seines Entertainment-Systems eine erneute Auswahl seiner Lieblingsprogramme treffen muss. Ein einzelnes Programm in der Liste bleibt solange erhalten, wie der Zuschauer das Programm abonniert hat. Von allen Programmen in der Favoritenliste kann sich der Benutzer eine Vorschau anzeigen lassen. Die Geschwindigkeit der automatischen ablaufenden Vorschau ist frei wählbar.
Die Funktionsweise des Interactive Entertainment Network Systems ist also in weiten Teilen vergleichbar mit bereits im Handel erhältlichen Settop-Boxen oder Satellitenreceivern. Daher könnte sich das Patent als gefährlicher Fallstrick für die Hersteller dieser Geräte erweisen: Denn grundsätzlich genießt Microsoft nun die vollständige rechtliche Kontrolle über die Verwertung der durch das Patent beschriebenen Verfahren.
Patentrechte sind allerdings anfechtbar. Ein Unternehmen, das beweisen kann, die im Patent beschriebenen Verfahren bereits vor Einreichung der Patentschrift umgesetzt zu haben (die so genannte prior art), könnte es gerichtlich durchsetzen, das Patent für ungültig erklären zu lassen. In diesem Falle wäre der Anspruch von Microsoft auf die "Erfindung" nicht mehr "original". Derlei Rechtsstreite sind aber langwierig und teuer -- so verzichten viele Unternehmen häufig darauf und zahlen später lieber Lizenzgebühren an den Patentinhaber, meint der Fachinformationsdienst Embedded Watch zu dem Microsoft-Patent.
Das US-Patentamt ist allerdings berühmt-berüchtigt für seine laxen Kontrollen bei der Vergabe von Patenten. Computergigant IBM beispielsweise machte mit einem computergesteuerten Reservierungssystem für Toiletten- und Waschräume in Flugzeugen von sich reden, zog das Patent aber später wieder zurück, nachdem es angegriffen wurde. (ola)