IBM kontert im Rechtsstreit gegen SCO

SCO habe ihr eigenes Linux als freie Software veröffentlicht, heißt es bei Big Blue. Sämtliche Ansprüche im Rechtsstreit um geschützten Unix-Code seien daher null und nichtig.

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Von
  • Oliver Lau

IBM geht im Streit mit SCO um vermeintlich gestohlenen Unix-Code zum Gegenangriff über. Dass SCO eine Art Linux-Steuer eingeführt hat, mit der sich Linux-Anwender von der schuldhaften Verletzung der Rechte an Unix System V freikaufen können, halten die IBM-Verantwortlichen für ein hinfälliges Druckmittel. SCO selbst habe ihr eigenes Linux unter den Schutz der GNU General Public License (GPL) gestellt, die die freie Verteilung des Codes garantieren solle. Wie SCO unter diesen Bedingungen ihre Forderungen aufrecht erhalten wolle, hätten die Verantwortlichen bei SCO noch nicht hinreichend erklären können, sagte IBM-Manager Bob Samson gegenüber US-Medien.

Ähnliche Argumente gab es auch schon aus dem Lager Freier Software, etwa von Richard Stallman, dem Gründer der Free Software Foundation (FSF), in dessen Lesart es nicht zulässig ist, dass SCO für Unix irgendwelche Rechte reklamiert -- schon gar nicht aus dem GNU-Projekt wie Linux, das per Definition frei sei. Auch FSF-Chefsyndikus Eben Moglen nahm die Linux-Entwickler in Schutz. Jeder, der etwas zu GNU beitrage, verspreche, sich an die Regeln der Free Software Foundation zu halten. Die besagten unter anderem, dass niemand Quellcode nicht freier Software verwenden dürfe. Darum glaube er nicht, dass GNU-Code irgendwelches Material enthält, aus dem Dritte Ansprüche geltend machen können.

Aber SCO bleibt hart. So betonte SCO-Sprecher Blake Stowell gegenüber US-Medien, dass es etwas grundlegend anderes sei, ein Produkt zu vertreiben, als etwas zu einem Produkt beizutragen. Mit anderen Worten: Den bloßen Vertrieb GPL-geschützten Codes könne IBM nicht als Argument dafür heranziehen, dass das Eintreiben von Lizenzgebühren bei Linux-Anwendern ungerechtfertigt sei. Wer Recht hat -- und vor allem wer Recht behalten wird --, darüber streiten sich nun die Rechtsexperten. Aber Samson gibt sich gelassen: "Die Aussagen von SCO sind haltlos. SCO hat immer noch keine Beweise auf den Tisch gelegt." Oder wie ein Sprecher des australischen Open-Source-Verbandes Victoria in der vergangenen Woche formulierte: "Die sagen: 'Ihr schuldet uns Geld'. Aber wenn jemand fragt: 'Warum schulden wir euch Geld?', dann bekommt man nur zu hören: 'Wir können euch das nicht sagen, aber ihr müsst trotzdem zahlen.'"

Unterdessen werfen die Macher des Online-Magazins MozillaQuest ein etwas anderes Licht auf den Rechtsstreit. Dort heißt es in einem Bericht, dass SCO nicht über die Rechte an den Linux-Bestandteilen JFS (Journaling File System), RCU (Read, Copy and Update) und NUMA (Non-uniform Memory Access) verfüge, die IBM aus ihrem Unix-Derivat AIX eingebracht habe. In einem Gespräch mit dem Magazin bestätigte SCO-Sprecher Blake Stowell, dass SCO keine Rechte an IBMs Beiträgen zum Linux-Kernel beanspruche. Aber darum gehe es ihm auch nicht, schließlich richte man sich nicht wegen Copyright-Verletzungen gegen IBM, sondern wegen Vertragsbruchs. IBM habe seinerzeit vertraglich zugesagt, die Geheimnisse um Unix zu wahren. AIX als Abkömmling von Unix falle demnach ebenfalls unter die Geheimhaltungspflicht. Als IBM Code aus AIX in Linux überführte und damit als Quellcode veröffentlichte, habe Big Blue Vertragsbruch begangen, erklärte Stowell weiter.

Demnach, so resümiert der Autor des MozillaQuest-Artikels, benötigte SCO keinerlei Copyrights oder Patente an Unix, um den Rechtsstreit gegen IBM gewinnen zu können. Die Frage sei einzig, ob JFS, RCU und NUMA sich aus Unix ableiteten und ob sie damit unter die Unix-Lizenz fielen. Sollte das der Fall sein, hätte IBM vertraglich geschützte Geschäftsgeheimnisse von SCO der Allgemeinheit zugänglich gemacht. (ola)