Hardthöhe greift Zivi-Domain an

Gerichtliches Gerangel um die mit Zivildienst-Infos belegte Domain "verteidigungsministerium.de": Die mĂĽndliche Verhandlung setzt in erster Linie Fragezeichen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 323 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Tim Gerber

Am Landgericht Hannover wurde am heutigen Dienstag, 14. August, die Klage des Bundesverteidigungsministeriums gegen den Inhaber der Domain verteidigungsministerium.de verhandelt. Unter der strittigen Adresse informiert der 23-jährige Auszubildende Marian Müller Interessierte über Wehrdienstverweigerung und Zivildienst.

In der mündlichen Verhandlung machte die Rechtsvertretung des Verteidigungsministeriums dem Ärger ihrer Auftraggeber Luft. Besonderen Anstoß nahm die klagende Behörde an der symbolischen Darstellung eines Soldatengrabes auf der Startseite: Durch diese "artfremden" Inhalte unter der Bezeichung "Verteidigungsminsterium" werde das internationale Ansehen der Bundesrepublik massiv geschädigt.

Der unmissverständliche Hinweis auf der strittigen Homepage, dass es sich nicht etwa um die offizielle Seite des Verteidigungsministeriums handle, sowie entsprechend angebrachte Links auf die "echten" Seiten stimmte die Bundesbehörde nicht etwa milde, sondern lieferte zusätzlichen Anlass zur Kritik: Man sei keineswegs damit einverstanden, dass Müller ohne Erlaubnis auf die behördlichen Seiten verlinkt habe, machte die Klägervertretung deutlich. "Darf man das überhaupt?" fragte Rechtsanwalt Dr. Weber in Vertretung des abwesenden Advokaten Michael Horak, der die Interessen der klagenden Behörde vertritt, ansonsten pikanterweise aber im Vorstand der Initiative "Freedom for Links e.V." (FFL) aktiv ist. Innerhalb des als Anti-Abmahnfront auftretenden Vereins sowie bei Interessierten überall im Netz ist es infolge dieses Umstands zu heftigen Diskussionen gekommen, sodass Thomas Stadler vom FFL-Vorstand sich bereits zu einer offiziellen Stellungnahme genötigt sah.

Der Vertreter des Beklagten, der Münchner Rechtsanwalt Günter Freiherr von Gravenreuth, argumentierte damit, dass "Verteidigungsministerium" einfach ein generischer Begriff sei, ähnlich wie Branchenbezeichnungen. Dem gegenüber behaupteten die Kläger unter Hinweis auf Art. 65a des Grundgesetzes einen verfassungsmäßig verankerten Sonderstatus – allerdings ist in dem betreffenden Abschnitt vom "Bundesminister für Verteidigung" die Rede.

Gravenreuth hob darauf ab, dass die Behörde auf die strittige Domain nicht angewiesen sei, da ihr genügend andere passende Domainbezeichnungen zur Verfügung stünden. Das Ministerium betreibt bundesministerium-der-verteidigung.de, und auch "bundesverteidigungsministerium.de" ist für die Bundesbehörde eingetragen, wenn auch nicht mit Inhalt belegt.

Die 7. Zivilkammer des Landgerichts Hannover unter Vorsitz von Richter Hermann Oltrogge hat sich offensichtlich noch keine Meinung darüber gebildet, wie sie den Fall abschließend rechtlich bewerten will. Aus diesem Grund erging auch in dem mitverhandelten, ähnlich gelagerten Fall "Verteidigungsminister.de", zu dem der Beklagte nicht erschienen war, trotz eines darauf gerichteten Antrags der Kläger kein Versäumisurteil.

Das Urteil in beiderlei Sache ist fĂĽr den 12. September zu erwarten. (tig/c't) / (psz)