Plattenlabel auf der Anklagebank

Zwei Kunden verklagen die "Major Five" auf Schadenersatz: Kopiergeschützte CDs haben ihre Computer zum Stehen gebracht. Eine Studie belegt die Wichtigkeit des Themas "Musik im Internet".

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Von
  • Sven Hansen

Eine bereits am Mittwoch am Los Angeles Superior Court eingereichte Klage richtet sich gegen die großen Plattenlabel Universal Music Group, EMI Music Publishing, BMG Entertainment, Sony Music Entertainment Inc. und die Warner Music Group. Die Kanzlei Milberg Weiss Bershad Hynes & Lerach vertritt zwei Mandanten aus Kalifornien, die Probleme mit ihrem Computer hatten, nachdem sie versucht hatten, kopiergeschützte Audio-CDs abzuspielen. "Wenn man einen Apple-Computer nutzt, kann man die CD nicht einmal mehr aus dem Laufwerk bekommen. Die CD in einem Fachgeschäft entfernen zu lassen kostet Zeit und Geld", so Klägeranwalt Nicholas Koluncich nach Angaben der Los Angeles Times.

Cary Sherman, Präsident des Verbands der Plattenindustrie (RIAA) bezeichnet die Klage in einer ersten Reaktion als "frivol". Die Musikindustrie habe das Recht, Verschlüsselungs-Technologien einzusetzen, um geistiges Eigentum vor Diebstahl zu schützen: "Filmstudios, Software- und Spielehersteller haben seit Jahren ihre Werke geschützt und bisher kam niemand auf den Gedanken, dies als unangebracht oder unrechtmäßig zu werten." Die Kläger verlangen Schadenersatz in unbekannter Höhe und wollen erreichen, dass die kopiergeschützten CDs vom Markt genommen werden.

Welche Dimension das Thema Musik im Internet mittlerweile angenommen hat, belegt eine Studie des Marktforschungsunternehmens Ipsos Reid: Rund 40 Millionen Amerikaner ( ca. ein Fünftel der US-Bevölkerung) tauschen Musikstücke im Internet. Auch nach der Schließung der Tauschbörse Napster erfreut sich danach die Nutzung bestimmter Webangebote oder Tauschbörsen wie Morpheus oder Audio Galaxy vor allem bei jungen Leuten zwischen 12 und 24 Jahren weiterhin großer Beliebtheit. Ein Viertel der Bevölkerung (25 Prozent) besitzt mittlerweile einen Personal Computer mit CD-Brenner, teilte das Unternehmen mit.

Insgesamt 81 Prozent der Befragten gaben an, dass sie trotz der Möglichkeiten des kostenlosen Herunterladens von Songs genauso viel oder sogar mehr Geld für Musik-CDs ausgegeben hätten. Vor rund zwei Jahren war die Marktforschung Jupiter Communications zu einem ähnlichen Ergebnis gekommen. Nach beiden Studien nutzten die Online- Tauschbörsen vor allem "Musik-Enthusiasten", die im Internet auch nach ausführlicheren Informationen wie Liedtexten oder Tourkalendern suchten. 47 Prozent dieser Nutzer haben nach Angaben von Ipsos schon einmal nur deshalb eine CD gekauft, weil sie über Informationen im Internet darauf aufmerksam geworden waren.

Die Musikindustrie beklagt dagegen seit Jahren Umsatzausfälle in Milliardenhöhe. Schuld daran sollen vor allem auch die wachsende Verbreitung von CD-Brennern und kostenlose Raubkopien im Internet sein. Nach einer Studie des amerikanischen Musikindustrie-Verbandes RIAA haben 23 Prozent der Musikfans im Alter zwischen 12 und 54 Jahren im vergangenen Jahr nicht mehr CDs als zuvor gekauft, weil sie die meisten Lieder kopiert oder aus dem Internet heruntergeladen haben. Für seine jüngste Erhebung befragte Ipsos zwischen dem 25. April und 1. Mai 2002 insgesamt 1113 Männer und Frauen über 12 Jahren. (sha)