Sonnenaktivität sehr hoch [Update]

Die Aktivität der Sonne ist in den vergangenen Tagen überraschend sehr stark angestiegen. Auf der Sonne hat sich vor kurzem ein massiver Ausbruch ereignet, der Satelliten beeinträchtigen kann.

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Von
  • Urs Mansmann

Obwohl das so genannte Sonnenfleckenmaximum schon einige Jahre zurückliegt, hat sich die Aktivität auf der Sonnenoberfläche in den vergangenen Tagen überraschend um ein Mehrfaches verstärkt. Derzeit sind auf der der Erde zugewandten Seite mehrere große Fleckengruppen zu sehen, die größten von ihnen sogar mit bloßem Auge. Zwei große Fleckengruppen sind stabil, eine dritte vergrößert sich sehr schnell. Für die Beobachtung ist allerdings ein geeignetes Filter erforderlich, beispielsweise eine SoFi-Brille. Der Blick in die Sonne mit ungeschütztem Auge kann bereits nach wenigen Sekunden zu schweren Schäden an der Netzhaut führen.

In einer der Fleckengruppen hat sich heute (Dienstag) kurz nach 12 Uhr Ortszeit ein massiver Masse- und Strahlungs-Ausbruch ereignet. Die Röntgenstrahlung stieg innerhalb weniger Minuten auf mehr als das zehntausendfache der normalen Strahlung an und erreichte damit die vierte von insgesamt fünf Warnstufen. Auf der Tagseite der Erde brach der Kurzwellenverkehr dadurch vollständig zusammen. UKW-Anwendungen wie Funktelefone sowie Radio- und Fernseh-Empfang sind hiervon jedoch nicht betroffen. Die Strahlung ist nur von Satelliten messbar, da die Atmosphäre diese vollständig absorbiert.

Bereits kurze Zeit nach dem Ausbruch stiegen die Protonenwerte an und erreichten die erste Warnstufe. Es ist damit zu rechnen, dass sich der Anstieg noch viele Stunden fortsetzt und dass weitere Warnstufen der fünfteiligen NOAA-Skala überschritten werden.

Bei dem Ausbruch wurden große Mengen Gases von der Sonnenoberfläche mit sehr hoher Geschwindigkeit ins Weltall geschleudert und sind auf dem Weg zur Erde. Experten gehen davon aus, dass bereits im Laufe des morgigen Tages ein massiver geomagnetischer Sturm einsetzt, der auch in vergleichsweise südlichen Breiten sichtbare Nordlichter hervorrufen könnte. Mit dem Eintreffen der Schockfront des Sturms können auch die Protonenwerte weiter ansteigen.

Sehr starke geomagnetische Stürme können sogar zu Stromausfällen führen. Die Aktivität im Erdmagnetfeld induziert sehr hohe Gleichspannungen in Überlandleitungen, die dann Kurzschlüsse durch Überschläge erzeugen. Dies passierte zuletzt 1989 in der kanadischen Provinz Quebec während eines geomagnetischen Sturmes der Stärke 5 auf der 5-teiligen Skala. Auch Satelliten können in Schwierigkeiten geraten: Das schwankende Erdmagnetfeld kann die Lagekontrolle beeinträchtigen.

Kritisch kann die Situation werden, wenn die Protonenwerte die Stufe 4 oder 5 erreichen, was nach jetzigem Stand nicht ausgeschlossen erscheint. In niedriger Höhe hat das keine Auswirkungen, da die Atmosphäre Strahlung und Partikel restlos herausfiltert, gefährdet sind jedoch Insassen von Flugzeugen, die in den Polarregionen in großer Höhe unterwegs sind. Die Strahlenbelastung bei einem transpolaren Flug während eines schweren Protonensturms, beispielsweise von Europa nach Hawaii, entspricht 10 bis 100 Röntgenaufnahmen des Brustraums. Solche schweren Protonen-Stürme treten allerdings nur drei bis vier Mal in zehn Jahren auf, zuletzt Anfang April 2001.

Satelliten kreisen außerhalb der schützenden Lufthülle um die Erde und können von den Protonen beeinträchtigt oder beschädigt werden. Besonders die Mikroelektronik an Bord ist empfindlich; Speicherbausteine können ihre Informationen verlieren, Digital-Kameras liefern verrauschte Bilder. Auch die Sonnensegel können von hochenergetischen Protonen beschädigt werden.

Die derzeitige Aktivität der Sonne kann im Internet in Echtzeit verfolgt werden: Das Space Environment Center der NOAA stellt ständig aktualisierte Grafiken mit Röntgenstrahlung (X-Ray-Flux), Protonendichte (Proton Flux) und Zustand des Erdmagnetfeldes (Hp/Kp) bereit -- SpaceWeather.com preist sogar einen entsprechenden telefonischen Alarmierungsdienst an. (uma)