Tauschbörsen-Anbieter: Mit "Privacy" auf User-Fang

Die P2P-Betreiber werben mit "erweiterten Funktionen" zum "Schutz der Privatsphäre", damit sich die Tauschbörsen-Nutzer in Sicherheit wiegen und weiterhin kräftig anbieten.

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Von
  • Volker Zota

Ob nun tatsächlich weniger Anwender dem Tauschrausch frönen, wie in kürzlich in der Studie von Nielsen/Netratings festgestellt, oder doch eher mehr, wie andere Studien vermuten, sei dahin gestellt. "Erfolg" im Sinne von Reaktionen hatte das Säbelrasseln der RIAA dennoch -- wenn auch nicht unbedingt in der erhofften Weise. Denn seit der Androhung drastischer Strafen für Tauschbörsen-Nutzer sind die Anbieter der P2P-Software auf dem Anonymisierungstrip, um ihre Kunden zu halten oder gar neue hinzuzugewinnen.

Morpheus etwa brüstet sich in der neuen Version mit "verbesserten Privacy-Features", sprich der Möglichkeit zum Einsatz von Proxy-Servern, um den Datenverkehr umzuleiten. Zudem darf der Anwender nun suspekt erscheinende IP-Adressen blocken. Auch Kazaa-Konkurrent Grokster -- der mittlerweile auch eine kostenpflichtige Version seiner Software ohne Werbebanner und Spyware anbietet -- ist auf den Zug aufgesprungen. Für Grokster Pro wirbt die Firma ebenfalls mit verbesserten "Privacy"-Features und hofft so, den ein oder anderen User für sich zu gewinnnen. Natürlich hat auch Kazaa selbst mit Version 2.5.1 den "Schutz der Privatsphäre der Nutzer verbessert".

Was die Original-Clients können, können die gepatchten Klone wie K++ und Kazaa Lite schon lange. Sie haben ebenfalls einen IP-Blocker nachgerüstet und bieten die Möglichkeit, die Option "Search more files from this User" zu deaktivieren. So können weder andere Nutzer noch die RIAA die MP3s oder Moviez auf der Festplatte eines Nutzers -- wie bisher -- durch eine simple Suche nach dem Usernamen auflisten.

Ob die Anwender tatsächlich viel von den neuen Privacy-Features haben, muss sich erst zeigen. Ein wenig erschweren sie die Tätigkeit der RIAA-Ermittler schon, mehr aber auch nicht, wenn man nicht gleich zum SOCKS-Proxy greift. Das Blocken bestimmter IP-Bereiche dürfte indes auf Dauer kaum Sinn machen, denn auch die Ermittler sind natürlich nicht dumm und wechseln entweder die Adressbereiche, wählen sich über AOL & Co. ein oder greifen gar selbst zum Anonymisierungsproxy. Die wirklichen Gewinner sind de facto die Tauschbörsen-Betreiber, die ihre Anwender bei der Stange halten.

Und noch einer profitiert von den RIAA-Drohungen: Selbst Freenet, das seit Jahren vor sich hin dümpelnde, zensurresistente und anonyme P2P-Netzwerk von Ian Clarke, schaffte es mit der Veröffentlichung von Version 0.5.2 mal wieder in die Schlagzeilen -- nur um wieder sang- und klanglos im Dornröschenschlaf zu versinken, falls die RIAA ihre Drohungen nicht in die Tat umsetzt. Sollten jedoch P2P-Anwender verurteilt werden, dürfte sich Freenet plötzlich erstaunlichem Interesse gegenübersehen. (vza)