Autobauer räumen bei den "Worst EU Lobbying"-Awards ab

BMW, Daimler und Porsche sind als Sieger aus der Online-Abstimmung über den Preis für besonders irreführende, manipulative und unethische Taktiken bei der Politikbeeinflussung hervorgegangen, eine Sonderauszeichnung geht ans Deutsche Atomforum.

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BMW, Daimler und Porsche sind als Sieger aus der Online-Abstimmung über den Preis für besonders irreführende, manipulative und unethische Taktiken bei der Politikbeeinflussung hervorgegangen. Die Autobauer erhielten den "Worst EU Lobbying"-Award am heutigen Dienstag in Brüssel in Rahmen einer Veranstaltung verliehen, die auf so manche Absurdität und Ironie des EU-Lobbyismus mit einem Augenzwinkern hinwies. Ausrichter der Negativauszeichnung, die in diesem Jahr zum dritten Mal ausgelobt wurde, sind die zivilgesellschaftlichen Organisationen Corporate Europe Observatory (CEO) und Friends of the Earth Europe sowie die Watchblogs LobbyControl und Spinwatch.

Mehr als 30 Prozent der über 6.600 Teilnehmer an der Internet-Wahl hoben die drei gemeinsam nominierten deutschen Autobauer auf das Siegerpodest. Anlass war deren Kampagne zur Verwässerung und Verzögerung von verpflichtenden CO2-Reduktionszielen. Die EU-Kommission hatte die Vorgaben ins Spiel gebracht, nachdem die Autoindustrie freiwillige Vereinbarungen nicht einhielt. "BMW, Daimler und Porsche gehören zu den schlimmsten Autolobbyisten", erläuterte Erik Wesselius vom CEO. Sie hätten in großem Stil Panikmache betrieben und mit Fabrikschließungen und Jobabbau gedroht. Das Ergebnis der Abstimmung zeige, dass die EU-Bürger derartige Lobbykampagnen ablehnen würden.

Die Autohersteller verwiesen die europäische Lobbyvereinigung EPACA (European Public Affairs Consultancies Association) für ihre intensive Kampagne gegen die Pläne der EU-Kommission für ein Transparenzregister für Lobbyisten sowie die Lobbyagentur Cabinet Stewart für den Betrieb des International Council for Capital Formation (ICCF), einer Tarnorganisation für Gegner des Kyoto-Protokolls, auf die Plätze.

Erstmals wurde dieses Jahr zusätzlich eine Auszeichnung in der Kategorie "Worst EU Greenwash" vergeben. Der Sonderpreis für den entsprechenden "unverfrorensten Versuch", sich ungerechtfertig ein "grünes Image" zu verschaffen, ging mit 34 Prozent der Stimmen an das Deutsche Atomforum. Die "Ehre" brachte der Interessenvereinigung ihre Kampagne "Deutschlands ungeliebte Klimaschützer" ein, welche das Image der Atomenergie aufpolieren sollte und dafür in Anzeigen und Plakaten mit Bildern von alten Atomkraftwerken in schöner und unzerstörter Natur warb. Damit seien die Risiken der Kernenergie ausgeblendet worden, monierte Ulrich Müller von LobbyControl. Aber auch von derlei Schönfärbeversuchen lasse sich die Öffentlichkeit nicht täuschen.

Die diesjährige Preisverleihung fällt in eine Zeit, in der das EU-Parlament eine intensive Debatte über neue Regeln für Lobbyisten führt. Die Volksvertreter gehen damit auf die europäische Transparenzinitiative des EU-Verwaltungskommissars Siim Kallas ein. "Die nominierten Fälle zeigen, dass effektive Transparenz und Ethikregeln für Lobbyisten in der EU dringend notwendig sind", betonte Christine Pohl von Friends of the Earth Europe in diesem Zusammenhang. Die Abgeordneten müssten handeln und Lobbyisten dazu verpflichten, "offenzulegen, für wen sie arbeiten und welches Geld sie dafür bekommen".

Dass die Kritik an unsauberer Lobbyarbeit nicht immer einfach ist und teuer kommen kann, haben derweil die Blogger von LobbyControl in eigener Sache erfahren. Ex-Kanzler Gerhard Schröder hat den hinter dem Online-Journal stehenden Verein kostenpflichtig abmahnen lassen. Anlass: In einer Studie über die aktuellen Erwerbstätigkeiten von 63 Mitgliedern der früheren rot-grünen Regierung übernahm LobbyControl eine Behauptung des Spiegels, wonach Schröder inzwischen unter anderem als Berater des chinesischen Außenministeriums fungiere. Dies geht dem SPD-Politiker zu weit. Er hat eine Unterlassungserklärung mit 1.200 Euro Abmahngebühren gefordert. "Schlechter Stil", kontern die Blogger. Schröders Büro habe zuvor jede Auskunft zu "privaten Tätigkeiten" abgelehnt, die Passage im Studienentwurf aber nicht korrigiert. Es könne nicht angehen, dass sich Ex-Politiker mit Büro im Bundestag auf eine "vermeintliche Rolle als Privatperson" zurückzögen. (Stefan Krempl) / (pmz)