Inhaftierter saudi-arabischer Blogger sorgt für Ärger vor Bush-Besuch
In zehn Tagen wird US-Präsident George W. Bush zu seinem ersten Besuch in Saudi Arabien erwartet. Bisher war das Verhältnis zwischen den beiden Ländern stabil, doch nach der Verhaftung Fuad al-Farhans hatte die US-Regierung offiziell protestiert.
Nach der internationalen Empörung über die Verurteilung eines Vergewaltigungsopfers in Saudi-Arabien droht dem islamischen Königreich nun ein weiterer Image-Schaden. Denn das Schicksal des im Dezember verhafteten saudischen Bloggers Fuad al-Farhan beschäftigt Blogger und Aktivisten rund um den Globus. Seine Freunde und Leser haben im Netz eine Kampagne für al-Farhans Freilassung in Gang gesetzt. Im Online-Sozialnetz Facebook haben sich inzwischen mehr als 560 Nutzer einer virtuellen Unterstützergruppe für den 32-jährigen Saudi angeschlossen.
Al-Farhan war nach Angaben seiner Freunde vor seiner Verhaftung gewarnt worden, dass er wegen eines Artikels über politische Gefangene hinter Gittern landen könnte. Er wurde am 10. Dezember in seinem Büro in der Hafenstadt Dschidda am Roten Meer verhaftet. In seinem Blog hatte der Inhaber einer IT-Firma außerdem saudische Geistliche, Geschäftsleute und Minister kritisiert. "Wir haben leider keine Kultur des Dialoges zwischen den verschiedenen Gruppen unserer Gesellschaft", schrieb er in einem seiner letzten Einträge vor der Verhaftung. Konkrete Vorwürfe sind gegen al-Farhan bislang nicht erhoben worden. Das Innenministerium hatte drei Wochen nach seiner Verhaftung lediglich erklärt, er werde "einvernommen".
Aus saudischer Sicht ist der Zeitpunkt für den Streit um die Meinungsfreiheit im Königreich ungünstig. Denn in zehn Tagen wird US-Präsident George W. Bush zu seinem ersten Besuch in Saudi-Arabien erwartet. Und da will König Abdullah – der die wegen eines Treffens mit einem ihr nur entfernt bekannten Mann zu 200 Peitschenhieben verurteilte Frau im Dezember begnadigt hatte – mit Bush nicht über Meinungsfreiheit sprechen, sondern über den Nahost-Friedensprozess.
Das Verhältnis des Königreichs zu den USA, das sich auf eine militärstrategische Allianz und eine Interessengemeinschaft in Sachen Öl stützt, ist seit Jahrzehnten stabil und konnte selbst durch die Terroranschläge vom 11. September 2001 – an denen 15 Saudis beteiligt gewesen waren – nicht ernsthaft beschädigt werden. Doch nach der Festnahme des Bloggers protestierte Washington offiziell gegen diesen jüngsten Angriff auf die Meinungsfreiheit.
Die Zeitung New York Times forderte den saudischen König auf, wie im Fall des Vergewaltigungsopfers selbst einzuschreiten, um eine Entscheidung der Polizei- und Justizbehörden seines Landes zu revidieren. In dem heute veröffentlichten Kommentar heißt es: "König Abdullah hat einen lobenswerten Reformwillen demonstriert. Er muss verstehen, dass Grausamkeit, die Diskriminierung von Frauen und Zensur nicht Teil eines modernen Rechtsstaates und eines Landes sein können, das zur modernen Welt gehören will. Wenn Präsident Bush diesen Monat Saudi-Arabien besucht, sollte er den König daran erinnern." (Anne-Beatrice Clasmann, dpa) / (anw)