Streit um Lehrerbenotungen im Internet beschäftigt erneut Landgericht
Obwohl Land- und Oberlandesgericht in Köln bereits entschieden hatten, dass Schüler ihre Lehrer im Internet grundsätzlich benoten dürfen, will eine schlecht bewertete Gymnasiallehrerin den Sachverhalt im Hauptsacheverfahren erneut überprüfen lassen.
Zwei Lehrerinnen wollen in einem Zivilprozess in Köln ihre Benotung durch Schüler im Internet-Portal spickmich verbieten lassen. Der Prozess der beiden Klägerinnen beginnt an diesem Mittwoch vor dem Kölner Landgericht, wie ein Sprecher am Montag mitteilte. Eine Gymnasiallehrerin und eine Schuldirektorin wollten mit ihren beiden Unterlassungsklagen erreichen, dass ihre persönlichen Daten und ihre Bewertung in dem seit Frühjahr 2007 bestehenden Portal gelöscht werden, erklärte Gerichtssprecher Dirk Eßer. Dabei hatte die Gymnasiallehrerin allerdings erst Ende November 2007 in einem einstweiligen Verfügungsverfahren eine juristische Niederlage erlitten.
Das Kölner Oberlandesgericht hatte am 27. November entschieden, dass Schüler ihre Lehrer weiter im Internet benoten dürfen (Az: 15 U 142/07). Deren Bewertung unter spickmich sei vom Grundrecht auf freie Meinungsäußerung gedeckt. Die klagende Gymnasiallehrerin sieht sich durch ihre Benotung verunglimpft. Sie hatte die Veröffentlichung ihrer Daten per einstweiliger Verfügung verbieten lassen wollen, zugleich aber auch eine Unterlassungsklage eingereicht. Die Klage der Schulleiterin sei später hinzugekommen.
Gerichtssprecher Eßer sagte, bei der Klage auf Unterlassung handele es sich nun um das Hauptsacheverfahren. Hier gehe es zwar im Wesentlichen um dieselben Rechtsfragen wie im vergangenen Jahr, der Sachverhalt könne aber in dem anstehenden Zivilprozess intensiver ermittelt werden als bei einem einstweiligen Verfügungsverfahren. In dem bundesweit für Aufsehen sorgenden Portal spickmich werden Lehrer in Kategorien wie "gut vorbereitet", "faire Noten" oder "menschlich" auf einer Notenskala von 1 bis 6 bewertet.
Laut rechtskräftigem OLG-Urteil stellen die von den Schülern anonym abgegebenen Benotungen Werturteile dar, die nicht unzulässig in das Persönlichkeitsrecht der Lehrer eingreifen. Die klagende Gymnasiallehrerin vom Niederrhein hatte in dem von drei Kölner Studenten betriebenen nichtkommerziellen Portal die Gesamtnote 4,3 erhalten. Die Internetseite ist nicht allgemein zugänglich – Lehrer, Eltern oder Schüler müssen sich für einen Zugang anmelden. Mehr als eine Viertel Million Schüler bewerten ihre Lehrer auf spickmich.
Die Initiatoren wollen einen fairen Kommunikationskanal für Schülermeinungen bieten und das Schulangebot transparenter machen. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und der Deutsche Philologenverband lehnen das Portal ab. Eßer sagte, eine Entscheidung schon am ersten, wohl kurzen mündlichen Verhandlungstag am Mittwoch sei in den beiden Klagefällen nicht zu erwarten. (dpa) /
Siehe dazu auch:
- Oberlandesgericht: Lehrer-Benotung im Internet ist rechtens
- CDU-Schulministerin will Ende von Lehrerbewertungen im Internet
- Oberlandesgericht: Lehrer müssen öffentliche Benotung im Internet dulden
- Gericht bestätigt: Schüler dürfen Lehrer im Internet benoten
- Philologenverband für schärfere Maßnahmen gegen Internet-Mobbing
- Gericht: Benotung von Lehrerin im Internet rechtens
- Ministerien in Nordrhein-Westfalen gegen Online-Mobbing von Lehrern
- Gericht: SchĂĽler dĂĽrfen Lehrer im Internet benoten
- Deutscher Lehrerverband klagt ĂĽber Mobbing im Internet
- Britische Lehrer klagen weiterhin ĂĽber Mobbing im Internet