Domain-"Tasting" soll nicht mehr kostenlos sein
Künftig will die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers auch für kurzzeitig registrierte Adressen eine Gebühr verlangen.
Das "Tasting" (Austesten) von .com-, .info-, .biz-, .name- und .pro-Adressen soll künftig nicht mehr kostenlos sein. Das hauptamtliche Büro der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) hat angekündigt, dass im neuen Budgetplan die Empfehlung des ICANN-Gremiums für generische Adressen (Generic Name Supporting Organisation, GNSO) aufgegriffen werde. Die ICANN-Gebühr werde also auch für kurzzeitig registrierte Adressen anfallen. Nun bittet die private Netzverwaltung um Kommentare zu einem Statusbericht zum umstrittenen Tasting und möglichen Gegenmaßnahmen bis zum 28. Januar.
Die bislang eingeräumte Möglichkeit, registrierte Domains innerhalb einer Frist von fünf Tagen kostenfrei an die Registry zurückzugeben, war laut einer von der ICANN präsentierten Statistik von einigen Domainhändlern systematisch genutzt worden, um die Attraktivität von Adressen abzuschätzen. Nutzervertreter hatten vor einer verwirrenden Situation für normale Nutzer gewarnt, Markenrechtsvertreter sehen im "Tasting" einen risikofreien Kanal für Markenpiraten. Zudem werde das System durch die massenhafte Registrierung und anschließende Rückgabe belastet auf Kosten derjenigen, die normal für ihre Registrierungen bezahlen. Geschaffen worden war die Frist ursprünglich, um Versehen beim Einstellen von Domains, etwa Vertipper, rückgängig zu machen, ohne dass Registry- und die damit verbundenen ICANN-Gebühren fällig wurden.
Derweil macht der ehemalige Domain-Monopolanbieter Network Solutions negative Schlagzeilen. Verschiedene Nutzer wiesen in Postings unter anderem auf DomainState darauf hin, dass Network Solutions Domains selbst registriert habe, die Nutzer mittels der Domainabfrage des Unternehmens auf Verfügbarkeit geprüft hätten. Dabei habe der Registrar selbst die 5-Tage-Frist genutzt und die Domain anschließend kostenfrei an die Registries zurückgegeben. Jonathon Nevett, Vice President Policy bei Network Solutions, sprach inzwischen zwar davon, dass der Schachzug eigene Kunden vor einem anderen Übel im Domaingeschäft schützen soll, dem so genannten "Frontrunning". Unter "Frontrunning" versteht man die Besetzung von Adressen, die über Suchmaschinen oder Domainabfragesysteme angefragt werden. Allerdings wiesen Betroffene darauf hin, dass Network Solutions die Kunden zwinge, die Adresse dann auch direkt bei ihm einzukaufen, zumindest wenn man die Domain sofort haben will. Die Preise der ehemaligen VeriSign-Tochter lägen aber deutlich höher als die bei den großen Massenhostern.
Der aktuelle ICANN-Bericht entwirft mehrere Szenarien, die das "Tasting", gleich ob zum Schutz oder Schaden Dritter, unattraktiver machen könnte. Um sein Registriersystem zu schützen, hat die .org-Registry Public Interest Registry (PIR) bereits eine Gebühr von 5 US-Cent für die Registrare eingeführt, die mehr als 90 Prozent ihrer Registrierungen innerhalb der 5-Tage-Frist widerrufen. Die Zahl der Domainlöschungen fiel daraufhin von 2,4 Millionen im Mai 2007 auf 152.700 im Juni. Statistiken zeigen, dass einzelne Registrare monatlich knapp 10 Millionen Domains registrieren, nur um sie sofort wieder zu löschen. Auch die komplette Abschaffung der 5-Tage-Frist wird angesichts dieser Zahlen vorgeschlagen. Ohne "Gnadenfrist" wäre jede Registrierung dann sofort zu begleichen. Nutzervertreter und Registrare empfehlen demgegenüber eine genaue Kosten/Nutzen-Abwägung.
Die Interessengruppe der "nichtkommerziellen Nutzer" (Non-commercial User Constituency) empfiehlt eine Auswertung der Daten der Zonefiles der Registries. Manche Löschung angeblich geklauter Markennamen erfolge letztlich auf der Basis der falschen Annahme, dass eingetragene Markennamen in keinem Fall von Dritten genutzt werden dürften. Das sei aber keineswegs so. (anw)