Fazit: Warten auf Godot

Auf dem MWC gab es zwar viel neue Technik zu sehen, die Funknetze schneller, Infotainment mobiler und Handys besser bedienbar machen soll - auf fertige Lösungen, etwa Handy-TV oder den ultimativen iPhone-Killer, muss der Nutzer aber noch warten.

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Von
  • Rudolf Opitz

Der gestern zu Ende gegangene Mobile World Congress 2008 konnte mit 55.000 Besuchern und 1300 Ausstellern gegenüber 2007 zwar keine neuen Rekorde aufstellen, unterstrich mit den guten Ergebnissen aber seinen Status als Mobilfunk-Leitmesse. Die Kongressthemen drehten sich außer um neue Dienste, Roaming, Tarife und Bezahlmodelle vor allem um die Zukunft der Netze, wobei mit HSPA+, LTE und Wimax der Schwerpunkt auf den Datendiensten lag. Viele Unternehmen reden schon vom Netz der vierten Generation, zum Teil tauchen auch 3,5G oder sogar 3,75G auf, wobei es schwer fällt, sich Generations-Bruchteile vorzustellen. Außerdem gründen die meisten Lösungen auf den bestehenden GSM- und UMTS-Netzen, so dass sich ein wirklicher Generationswechsel nicht wirklich erkennen lässt.

LTE (Long Term Evolution), mit der sich künftig zwischen 50 und 200 MBit/s übertragen lassen sollen, war bei fast allen Netzausrüstern ein großes Thema. Ericsson kündigte etwa schon Universal-Basisstationen für alle Datendienste inklusive HSPA und LTE an, dabei ist letzteres noch nicht einmal standardisiert und soll erst 2009 in der 3GPP Release 8 enthalten sein. Vorerst kommt wohl HSPA+ mit MIMO-Mehrantennentechnik und soll die Datenrate des UMTS-Beschleunigers verdoppeln. Um in großen Gebäuden die UMTS-Versorgung zu verbessern, propagieren die Ausrüster schon seit Jahren Pico- und Femtozellen, doch spielten bislang die Netzbetreiber nicht mit. Mittlerweile haben immerhin O2 und Vodafone Versuche damit angekündigt. Auch die weitere Beschleunigung von GSM-Datendiensten mit Evolved EDGE auf rund 1 MBit/s und die Ausnutzung des vom GSM-Netz verwendeten 900-MHz-Bandes für UMTS gehörten zu den Themen der Netzbetreiber und Zulieferer.

Die Endgeräte auf der anderen Seite sollen bedienfreundlicher werden. Spätestens der Erfolg des iPhones hat zum Umdenken bei vielen Herstellern geführt: Während sich manche Hersteller auf den Touchscreen konzentrieren, legen andere die Hoffnung auf offene Plattformen auf Linux-Basis wie Android, welches aber noch Entwicklungsbedarf hat – erste Seriengeräte werden nach wie vor erst für das zweite Halbjahr 2008 versprochen. Linux im Handy war in Barcelona auf jeden Fall ein Thema. Nicht nur die Open Handset Alliance, auch die LiMo-Foundation und so manches kleinere Unternehmen präsentierten passende Plattformen. Marktführer Nokia bleibt vorerst bei seinem erfolgreichen Symbian/S60-System und konzentriert sich lieber auf mobiles Navigieren, obwohl man auch schon an einer Touchscreen-Variante bastelt und zumindest deren Bedienbarkeit auf einem Testsystem in einer Ecke des Nokia-Standes vorführte. Erste Geräte sollen noch 2008 kommen – Nutzer, die von Nokia eine Antwort auf das iPhone erwartet hatten, müssen sich in Geduld üben.

Das iPhone wird von seinen Besitzern dank der einfachen Bedienung besonders häufig fürs mobile Surfen genutzt, frohlockt Netzbetreiber und deutscher Exklusiv-Lieferant des Edelhandys, T-Mobile. Hier kam die Antwort nicht von den Geräteherstellern, sondern vom Browser-Lieferant Opera, der mit seinem Opera Mobile 9.5 zeigt, dass man auch ohne Multitouch benutzbare Webbrowser liefern kann.

Ach ja, Fernsehen soll man mit dem Handy ja auch bald können: Das Ziel, das Mobile-TV DVB-H bis zur Europameisterschaft zum Laufen zu bringen, scheint jedoch nur schwerlich zu erreichen zu sein. Die meisten Geräte-Hersteller können passende Handys und Smartphones vorweisen, sind aber nicht sehr optimistisch, sie noch 2008 verkaufen zu können, weil das DVB-H-Angebot dann endlich da ist. Sonst bringt man die schicken Mini-Fernseher, mit denen man auch telefonieren kann, eben wieder mit nach Barcelona zum Mobile World Congress 2009. (rop)