Internet2: Direktverbindung auf Wunsch

Das US-Forschungsnetz bietet Wissenschaftlern garantierte Bandbreiten und Dienstegüten, wie sie früher nur in leitungsvermittelten Netzen möglich waren.

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Das Internet2-Konsortium, ein Forschungsnetzverbund, bei dem zukünftige Online-Technologien erprobt werden, arbeitet an einer Vernetzungstechnik, mit der sich künftig fest zugeordnete, beliebig große Bandbreiten in kürzester Zeit zuteilen lassen. Für Anwendungen, bei denen die Dienstegüte stets gleichbleibend hoch sein muss, etwa in der Telemedizin, soll dies viele Vorteile bringen, berichtet das Technologiemagazin Technology Review in seiner Online-Ausgabe. Die "Dynamic Circuit Network" (dynamisches leitungsvermitteltes Netzwerk, DCN) genannte Technik wird zwar derzeit ausschließlich für die Wissenschaft entwickelt. Doch soll sie ihren Weg eines Tages durchaus auch in das kommerzielle Internet finden, wo der Ansatz dann etwa für die ruckelfreie Übertragung hochauflösender Videos genutzt werden könnte.

Im regulären Internet werden Daten normalerweise in Form von Paketen vermittelt, die durchaus unterschiedliche Wege zu ihrem Ziel nehmen können und dort dann wieder zusammengesetzt werden. Eine gleichbleibende Dienstegüte lässt sich so nicht immer garantieren. Mit der DCN-Technik sollen nun aber wieder Verbindungen möglich sein, die wie die guten, alten Telefonanrufe im leitungsvermittelten Telefonnetz funktionieren: Die Daten des Nutzers gelangen direkt zum Ziel, ohne vom Traffic anderer User, die das gleiche Netzwerk mit ihm teilen, ausgebremst zu werden. Das Ergebnis ist, dass sich große Informationsmengen schnell, verlustfrei und stets in der richtigen Reihenfolge übertragen lassen.

Das DCN ist dabei allerdings nur eine Ergänzung zur traditionellen Internet-Vernetzung und soll sie laut den Internet2-Verantwortlichen auch nicht ersetzen. Denn auch in dem Forschungsnetz existieren noch Backbone-Netze, die die üblichen Internet-Protokoll-Pakete transportieren. Die optionalen Direktverbindungen lassen sich zusätzlich temporär aufbauen. Technisch arbeiten DCNs mit der gleichen Infrastruktur wie das Internet: Sie nutzen die vorhandenen Glasfaserleitungen. Allerdings werden die Direktverbindungen über eigene Frequenzen übertragen. Damit die genutzt werden können, muss die verwendete Routing-Hardware aktualisiert werden. Wie eine Implementierung im kommerziellen Internet möglich sein könnte, ist daher noch völlig unklar.

Clive Davenhall, der bereits an Software für leitungsvermittelte Forschungsnetze in Großbritannien gearbeitet hat und als Ingenieur am "National e-Science Centre" in Edinburgh eingesetzt ist, sieht das eher kritisch. Über DCNs werde bereits seit längerer Zeit diskutiert, doch im kommerziellen Internet, das deutlich chaotischer funktioniere als Forschungsnetze, habe der Ansatz bislang kaum Freunde gehabt. "Sobald ein Durchschnittsnutzer die Möglichkeit bekommt, sich auf Wunsch Leitungen zuteilen zu lassen, könnte er die Netznutzung anderer User beeinträchtigen, weil er zu viel Bandbreite anzieht."

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(bsc)