Festtag der Mathematik: Ein 3,14159...-faches Hoch auf pi

In amerikanischer Schreibweise beginnt ein Datum mit der Monatszahl, weshalb (nicht nur) in den USA am 14. März die Kreiszahl Pi (alias 3,14...) gefeiert wird, deren Kult sich auch in Europa verbreitet.

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Von
  • Ralf Bülow

Die Quellen widersprechen sich bei der Jahresangabe, doch entweder am 14. März 1987 oder am 14. März 1988 hob das Science Center Exploratorium in San Francisco den "Pi Day" aus der Taufe. Wie man weiß, setzen die Amerikaner statt 14. 3. lieber 3-14 oder 3/14, und diese Ziffern decken sich mit dem Anfang der Dezimalschreibweise für die Zahl π.

In der Mathematik drückt π das Verhältnis von Umfang und Durchmesser eines Kreises aus und besitzt nach dem Komma unendlich viele Ziffern, unter denen keinerlei Muster erkennbar sind. π lässt sich weder durch einen Bruch aus zwei natürlichen Zahlen noch als Nullstelle eines Polynoms mit ganzzahligen Koeffizienten darstellen, es ist also eine irrationale und transzendente  reelle Zahl.

Dies hielt schon in der Antike die Gelehrten nicht davon ab, über π zu grübeln und Näherungswerte zu ermitteln. Die Bibel benutzt an zwei Stellen (1. Könige 7,23; 2. Chronik 4,2) den Wert 3, die alten Ägypter kamen wohl über die Geodäsie auf (16/9)² alias 3,16049, und im 3. Jahrhundert v. Chr. lokalisierte Archimedes π zwischen 3 10/71 und 3 1/7. Um 500 n. Chr. fand der chinesische Mathematiker Tsu Chung-Chi die gute und leicht zu merkende Abschätzung 355/113 = 3,14159 ...

Nach der Erfindung der Differentialrechnung durch Isaac Newton und Gottfried Wilhelm Leibniz konnte die Zahl π durch unendliche Reihen charakterisiert werden. So entwickelte Leibniz 1683 die Gleichung
π/4 = 1 − 1/3 + 1/5 − 1/7 + 1/9 − ...
und Leonard Euler im 18. Jahrhundert
π²/6 = 1 + 1/4 + 1/9 + 1/16 + 1/25 + ...
Ebenso lässt sich π mit Kettenbrüchen, Arcustangens-Werten und seit neuestem auch mit Fibonacci-Zahlen bestimmen.

Das Kalkulieren möglichst vieler π-Stellen übernahmen früher Fanatiker wie William Shanks, von dessen 707 Ziffern aber nur die ersten 527 stimmten, und später natürlich Computer: Der Weltrekord liegt bei gut 1,2 Billionen, die ein Hitachi SR8000/MPP zusammentrug. Denkenden Menschen bleibt noch der π-Sport mit den Listen der besten Auswendiglerner, wobei die deutsche Liste von Jan Harms aus Hannover angeführt wird.

Das Zentrum der deutschsprachigen Kreiszahlverehrung liegt in Wien, das nicht nur die Republik Kugelmugel, sondern auch die "Freunde der Zahl Pi" beherbergt. Die amtliche π-Hauptstadt ist aber das Städtchen Forst in der Niederlausitz, das sich mit den Postleitzahlen 03141 und 03149 schmückt.

Wem Wien und Forst zu weit weg sind, kann heute in der Berliner Urania einem Vortrag zum π-Tag lauschen, in Gießen die Lange Nacht der Mathematik feiern oder die Veranstaltungen im Paderborner HNF besuchen. Zum großen Ereignis wurde die Fassade des Computermuseums mit 1,60 Meter hohen gelben Ziffern verziert, welche die Zahl π bis zur 110. Nachkommastelle auflisten.

Für die Daheimbleibenden gibt es das π-Lied von Kate Bush, diverse Songs zum Selbersingen sowie die wunderschöne Ballade von "Miss American Pi", die den Mathe-Freunden die Tränen in die Augen treibt. Und schon der Apostel Paulus schrieb im Kolosserbrief 3,14: "Vor allem aber liebt einander, denn die Liebe hält alles zusammen und macht es vollkommen." (Ralf Bülow) / (jk)