Musikindustrie will irischen Provider zum Filtern zwingen
Vier große Plattenfirmen haben den Internetanbieter Eircom verklagt, damit dieser illegale Downloads mithilfe technischer Lösungen unterbindet. Bürgerrechtler sehen die Privatsphäre der Nutzer in Gefahr und fürchten eine Blockade rechtmäßiger Inhalte.
Vier große Plattenfirmen haben den irischen Internetanbieter Eircom verklagt. Mit diesem Schritt wollen sie laut Medienberichten erreichen, dass der Provider illegale Downloads mithilfe technischer Lösungen unterbindet. Die Kläger – EMI, Sony BMG, Universal und Warner – sehen in dem Fall offenbar einen Musterprozess, dem bei einer Verurteilung des größten irischen Zugangsanbieters weitere Verfahren gegen andere Provider folgen sollen.
Die Musikindustrie hatte Eircom zuvor ermahnt, auf freiwilliger Basis Filtersoftware wie die von Audible Magic zu installieren und somit Urheberrechtsverletzungen zu verhindern. Die Firma hielt dagegen, dass sie keine Hinweis auf spezifische illegale Aktivitäten ihrer Kunden habe. Zudem sei sie gesetzlich nicht verpflichtet, den Netzwerkverkehr zu überwachen. Die ins Spiel gebrachte Filterlösung sei zudem nicht mit den eigenen Systemen kompatibel.
Der Vorsitzende des Verbands der irischen Musikindustrie, Willie Kavanagh, schreibt dagegen in einem Gerichtsdokument, dass Eircom sehr wohl über die Nutzung der zur Verfügung gestellten Netzwerke für die großflächige Verletzung von Urheberrechten im Bilde sei. Da es sehr zeit- und kostenaufwändig sei, gegen einzelne Verstöße vorzugehen, müsste der Provider eingreifen. Der irische Musikmarkt sei von einem Volumen in Höhe von 146 Millionen Euro im Jahr 2001 um 30 Prozent auf 102 Millionen Euro im vergangenen Jahr eingebrochen. Daran sei die größere Verbreitung von Breitbandanschlüssen mit Schuld.
Die irische Vereinigung der Internetanbieter ISPAI sprach sich dagegen bereits im Sommer 2007 gegen jegliche Verpflichtung zum Filtern und Überwachen der Netzkommunikation sowie die Blockade einzelner Dienste oder Webseiten aus. Als Drittpartei und reiner Zugangsvermittler könne man zum einen nicht wissen, welche übertragenen Werke urheberrechtlich geschützt seien und welche nicht, argumentierte der Verband nach der gerichtlichen Verdonnerung des belgischen Providers Scarlet zum Installieren von Filtern. Es gehe um die Privatheit der gesamten Netzkommunikation von Bürgern oder Unternehmen, da die Provider alle ein- und ausgehenden Bits und Bytes prüfen und notfalls zensieren müssten.
Aktuell verurteilt vor allem die Bürgerrechtsorganisation Digital Rights Ireland den Vorstoß der großen Labels. Neben dem Datenschutz sehen sie auch die Meinungsfreiheit der Nutzer gefährdet, da die schlecht funktionierende Filtertechnik auch rechtmäßige Inhalte blockieren würde. Damit würde die Wissensgesellschaft in Irland gefährdet. Dazu kämen enorme Kosten für die Implementierung von Filterlösungen, welche die Bürgerrechtler im Fall von Eircom auf über 3,3 Millionen Euro schätzt. Findige Tauschbörsennutzer könnten dagegen einfach zu verschlüsselten Peer-2-Peer-Systemen wechseln und den Kontrollapparat so ins Leere laufen lassen.
Hierzulande belässt es die Musikindustrie derweil noch bei Ermahnungen an die Provider, stärker auf Eigeninitiative hin gegen illegale Downloads aktiv zu werden und notfalls die Leitungen zu kappen. In Brüssel setzte sich die Internationale Föderation der Phonographischen Industrie (IFPI) zudem – zunächst vergeblich – Ende vergangenen Jahres für eine EU-weite Verpflichtung der Zugangsanbieter ein, Filtermechanismen zu installieren sowie P2P-Protokolle zu blockieren. (Stefan Krempl) / (pmz)