Demonstration gegen Überwachungsgesetze
Unter dem Motto "Für ein Morgen in Freiheit" haben am Samstag rund 2000 Menschen in Köln gegen Überwachung durch Staat und Unternehmen demonstriert. Die Demonstranten bekamen dabei Unterstützung durch bundespolitische Prominenz.
Unter dem Motto "Für ein Morgen in Freiheit" haben am Samstag rund 2000 Menschen in Köln gegen Überwachung durch Staat und Unternehmen demonstriert. Die Demonstranten bekamen dabei Unterstützung durch bundespolitische Prominenz: Auf der Kundgebung vor dem Kölner Dom sprachen sowohl die Linken-Abgeordnete Petra Pau als auch der Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck.
"Es gibt immer mehr Anschläge gegen die Grundrechte", erklärte Petra Pau in ihrer Rede. "Die Angriffe kommen aber nicht von Terroristen, sondern von den vermeintlichen Experten für innere Sicherheit." Die Linken-Politikerin, die selbst im Innenausschuss des Deutschen Bundestags sitzt, sprach sich sowohl gegen biometrische Pässe als auch gegen Bundeswehreinsätze im Inneren aus: "Der demokratische Rechtsstaat wird immer mehr in einen präventiven Überwachungsstaat umgebaut". Pau zog Parallelen mit der DDR: "Je mehr die Bürger mit der Politik nicht einverstanden waren, um so mehr wollte der Staat allwissend sein."
Volker Beck attackierte die anderen Parteien. So hätten sich die "Helden der Sozialdemokratie" zunächst gegen die Online-Durchsuchung ausgesprochen, nach dem Richterspruch aus Karlsruhe sei die SPD aber sofort bereit gewesen, die Online-Durchsuchung in dem erlaubten Rahmen durchzusetzen. "Wenn wir alles das machen, was gerade noch verfassungsmäßig erlaubt ist, brauchen wir keine Politik mehr", sagte Beck. Hart ging er mit der FDP ins Gericht. Deren Justizminister in Nordrhein-Westfalen, Ingo Wolf, habe nicht einmal vom Koalitionspartner gedrängt werden müssen, um das vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erachtete Gesetz zur Online-Durchsuchung durchzusetzen. Auch die Bundesregierung attackierte Beck scharf: "Eine Regierung, die alle Bürger verdächtigt, sollte abtreten und sich ein anderes Volk suchen".
In den Reigen der politischen Redner reihte sich auch der Bundesvorstand der Piratenpartei, Jens Seipenbusch, ein. Er forderte die Innenminister Ingo Wolf und Wolfgang Schäuble zum Rücktritt auf. "Der Terrorismus selbst kann unseren Staat nicht in einen Überwachungsstaat verwandeln" – alleine diejenigen, die ihn zu bekämpfen versuchten, hätten diese Möglichkeit. Seipenbusch verwies auf die enorm gestiegenen technischen Möglichkeiten, die ein vorher nicht durchführbares Maß an Überwachung möglich machten. Früher sehr aufwändige Rasterfahndungen seien heute in Sekundenschnelle durchzuführen, weil die entsprechenden Daten bereits in Datenbanken erfasst worden seien. "Wir müssen uns deshalb ein Stück Normalität zurückerobern", forderte Seipenbusch.
Auch andere Organisationen machten ihrem Unwillen über die neuen Möglichkeiten der Überwachung Luft. So berichtete Ingo Schwitters vom Chaos Computer Club Köln von den Erfahrungen bei der Aufklärung über Online-Durchsuchung und Vorratsdatenspeicherung. Viele Menschen zwar über die neuen Gesetze besorgt, wollten aber nicht offen dagegen protestieren. Sie befürchteten, dass dieser Protest gegen sie verwendet würde.
Andrea Kamphuis, Vorsitzende des Verband der Freien Lektorinnen und Lektoren (VFLL), warnte davor, dass die Datenspeicherung für Lektoren zum Risiko werden könne, weil gerade Recherchen in brisanten Themengebieten zu Fehlinterpretationen führen könnten. Kamphuis stellte sich auch klar gegen die Position des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, der einen schrankenlosen Auskunftsanspruch gegen Provider gefordert hatte.
Liv Dizinger vom Deutschen Gewerkschaftsbund machte darauf aufmerksam, dass nicht nur staatliche Stellen ein Interesse an Überwachung hätten, auch die Neugier der Arbeitgeber nehme beunruhigende Maße an. Die Organisatoren der Demonstration hatten ein Aktionsbündnis gebildet, an dem sich neben der Kölner Bürgerrechtsinitiative "Freiheit ist Sicherheit", der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung, der Chaos Computer Club Köln, die Grünen und die Linke, die Piratenpartei und der Verband der freien Lektorinnen und Lektoren beteiligt hatten. Überrascht waren die Organisatoren aber von der starken Präsenz der Gruppe "Anti Genozid Bewegung", die mit über 500 Teilnehmern und mehreren Kamera-Teams nach Köln gekommen war. Die Aktivisten dieser Organisation sehen in der Einführung von Techniken wie RFID eine Vorstufe eines Genozids an Christen. (Torsten Kleinz) / (vza)