Entwickler kritisieren Apples Regeln für den App Store

Programmierer klagen über Apples strikte Vorgaben für iPhone-Anwendungen im App Store. Probleme mit Update-Freigaben und schlechte Betatest-Möglichkeiten verlangsamen Entwicklungszyklen.

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Mehr als 850 Anwendungen stehen in Apples Software-Laden App Store inzwischen bereit – und täglich werden es mehr. iPhone- und iPod Touch-Besitzer können sich dort kostenlos oder für Beträge ab 79 Cent nach Herzenslust bedienen und haben laut Angaben des Computerkonzerns seit dem iPhone 3G-Verkaufsstart am 11. Juli bereits über 10 Millionen Programme heruntergeladen. Anwendungen wie der Twitter-Client Twitterific oder Spiele wie Segas "Super Monkey Ball" fanden so schnell Hunderttausende Nutzer.

Doch ganz so reibungslos, wie Apple es darstellt, läuft das Geschäft im App Store noch nicht. Zwar bekommt der iPhone-Hersteller viel Lob für seine Programmierumgebung, die im Vergleich zu anderen Software Development Kits für Mobiltelefone sehr einfach zu bedienen sein soll. Da Apple aber großen Wert darauf legt, den Vertriebsprozess von Software für sein Handy gänzlich in den eigenen Händen zu behalten (und dafür 30 Prozent Umsatzbeteiligung kassiert), sind Entwickler auf Gedeih und Verderb dem Hersteller ausgeliefert. Apple muss jede einzelne Anwendung freigeben, bevor sie im App Store auftaucht, will so für hohe Qualität sorgen.

Teile des Angebots wirken allerdings nicht so, als ob die Kontrolle gut funktionieren würde: So gab Apple beispielsweise im ersten App Store-Schub merkwürdige bis sinnfreie Spiele, 79 Cent-Taschenlampen und zahllose billig aufgemachte elektronische Bücher frei, deren Inhalt sich aus urheberrechtlich abgelaufenen Klassikern zusammensetzte. Die Suche nach Perlen im App-Store-Angebot gestaltete sich unterdessen umso schwieriger, weil es eine längere Zeit mit einfachen Buchstaben-Tricks möglich war, seine Anwendung in Apples Liste ganz nach vorne zu bringen.

Programmierer klagen außerdem über verlangsamte Entwicklungszyklen, die alleine an Apples Politik liegen. Brent Simmons, Autor der populären Mac-RSS-Readers NetNetswire, von der es inzwischen auch eine iPhone-Version gibt, sagte im Interview mit Wired, er habe seit dem Start des App Store bereits vier weitere Versionen fertiggestellt, die zahlreiche Fehler ausbügelten. Doch bislang sei keine davon freigegeben worden – sie steckten bei Apple in der Qualitätskontrolle fest. Frasier Speirs, Autor des Flickr-Foto-Clients Exposure freut sich derweil zwar über tausende neue Nutzer innerhalb weniger Tage, hat aber ähnliche Erfahrungen gemacht: Das Update 1.0.1 der Software, ebenfalls mit diversen Verbesserungen, befindet sich seit einer Woche "im Review".

Kritik üben Entwickler auch daran, dass sie offiziell im Web nicht über die iPhone-Entwicklung debattieren können, was den Austausch behindert – entsprechende öffentliche Diskussionsforen werden durch Apples "Non Disclosure"-Abkommen (NDA) verboten, das nach wie vor gilt und jeder Programmierer unterschreiben muss. Ein iPhone-Entwickler, der aufgrund des NDA seinen Namen bei heise online nicht genannt sehen wollte, hält das für einen groben Fehler: "Insgesamt hätte eine offizielle Diskussionsmöglichkeit seitens Apple dazu beigetragen, so manchen Bug zu vermeiden." Auch die Kontrolle lasse derzeit noch zu wünschen übrig: "Was auch immer Apple da begutachtet, mit Qualitätssicherung hat es nichts zu tun. Wahrscheinlich wird gerade mal kontrolliert, ob es sich nicht um offensichtliche Malware handelt."

Problematisch sei auch, dass es keinen sinnvollen Weg gebe, Betatests durchzuführen: Nur Anwendungen, die von Apple im App Store freigegeben wurden, lassen sich an große Nutzergruppen verteilen. Methoden wie die von Apple eingeführte "Ad hoc"-Verteilung eignen sich hingegen nur für sehr kleine Nutzergruppen und sind für Betatests mit Tausenden Nutzern unpraktikabel. Die fehlenden Testmöglichkeiten schlagen sich auf die Produktqualität durch: So finde man Fehler oft erst nach der Freigabe einer Anwendung, wie NetNewsWire-Entwickler Simmons kritisierte.

Und auch zu den Verkaufszahlen hält sich Apple gegenüber seinen Entwicklern noch zurück. Zwar bietet der App Store auf dem iPhone einen Zähler, der anzeigt, wie oft eine Anwendung heruntergeladen wurde, doch funktioniert diese bei vielen Anwendungen nicht, steht einfach auf Null. "Ich habe nicht die leiseste Ahnung, wie sich unsere Programm verkauft", sagte ein iPhone-Entwickler gegenüber heise online. Ohne entsprechende Statistik müssen Programmierer also warten, bis Apples erste Abrechnung kommt. (bsc)