CDU-Innenexperte sieht keinen Bedarf für Ausweitung von Online-Durchsuchungen
Wolfgang Bosbach sagte gegenüber der ARD, einen gesetzgeberischen Handlungsbedarf für Online-Durchsuchungen durch den Verfassungsschutz sehe er derzeit nicht. Unter anderem sei ja noch eine Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe anhängig.
- Peter-Michael Ziegler
Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für das Ressort Innen- und Rechtspolitik, Wolfgang Bosbach, hat sich gegenüber der ARD kritisch zu Überlegungen geäußert, die im Rahmen des BKA-Gesetzes eingeräumten Kompetenzen für Online-Durchsuchungen durch Strafverfolger auf den Verfassungsschutz auszuweiten. Die Bundesregierung hatte zuvor in einer Antwort (PDF-Datei) auf eine Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion der Linken erklärt, ein verdeckter Zugriff auf informationstechnische Systeme könne angesichts der IT-Nutzung etwa bei Anschlagsvorbereitungen in terroristischen Netzwerken auch den Staatsschützern "nützlich" sein.
Bosbach, der an der Abstimmung über das BKA-Gesetz im vergangenen November im Übrigen nicht teilgenommen hatte (PDF-Datei), sagte gegenüber tagesschau.de, er sehe "zurzeit keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf". Zum einen stehe die Vorschrift in Karlsruhe auf dem verfassungsrechtlichen Prüfstand, zum anderen "gab es wohl bis zur Stunde in der polizeilichen Praxis keinen Anwendungsfall, sodass wir zunächst einmal Erfahrungen mit diesem neuen Ermittlungsinstrument abwarten sollten". Bosbach beruft sich dabei auf BKA-Präsident Jörg Ziercke, der vergangene Woche erklärt hatte, seit der Erweiterung des BKA-Gesetzes zu Jahresbeginn sei noch kein Computer online durchsucht worden.
Auch Ex-Innenminister Gerhart Baum (FDP) sprach sich gegenüber tagesschau.de gegen eine Ausweitung der Kompetenzen für Online-PC-Durchsuchungen durch den Verfassungsschutz aus. Diese Maßnahmen hätten beim Verfassungsschutz "nichts zu suchen", da die Nachrichtendienste "weitgehend im Vorfeld tätig sind und ihre Eingriffsschwelle sehr niedrig ist". Dadurch könnten auch unbescholtene Bürger betroffen sein, warnte Baum. Die SPD habe sich auf Anfrage zurückhaltend zu den Plänen geäußert, heißt es bei tagesschau.de. Die Sozialdemokraten wollten offenbar ebenfalls zunächst die Erfahrungen abwarten, die das Bundeskriminalamt mit dem Instrument der Online-Durchsuchung macht.
Siehe dazu auch:
- BKA-Studie zu Online-Durchsuchung und Skype-Ausleitung
- Bundesregierung erwägt Online-Durchsuchungen durch Verfassungsschutz
- BKA: Bislang noch keinen PC online durchsucht
- Verfassungsbeschwerde gegen BKA-Gesetz vorgestellt
- Verfassungsbeschwerde gegen BKA-Gesetz läuft
- Kripo hält BKA-Gesetz für kaum mehr umsetzbar
- BKA-Gesetz: Opposition beklagt "schwarzen Tag für die Grundrechte"
- Bundesrat nickt BKA-Gesetz endgültig ab
- Bundestag verabschiedet BKA-Gesetz mit heimlichen Online-Durchsuchungen
- Neues "Computer-Grundrecht" schützt auch Laptops und Daten im Arbeitsspeicher
- Karlsruhe lässt kaum Raum für heimliche Online-Durchsuchungen
(pmz)