19-Jähriger wegen Hackerangriffen in Australien angeklagt
Ein australischer Student steht in Melbourne vor Gericht, weil er im Februar entscheidend an den "Operation Titstorm"-Attacken auf Server von Regierung und Parlament beteiligt gewesen sein soll.
Sein politischer Protest gegen Web-Zensur uferte in Cyber-Sabotage aus: Der 19-jährige Steve Slayo, der unter dem Pseudonym Steve-o aufgetreten sein soll, zettelte im Februar dieses Jahres empfindliche Distributed-Denial-of-Sevice-(DDoS-)Angriffe auf Webserver der australischen Regierung und des Parlaments an. Am vergangenen Donnerstag stand der Pharmaziestudent aus dem Städtchen Roxburgh Park vor dem Melbourne Magistrates Court, wo er sich in vier Anklagepunkten bezüglich der Attacken schuldig bekannte, die unter dem Schlagwort "Operation Titstorm" weltweit für Schlagzeilen gesorgt hatten. Das Schuldbekenntnis betraf unter anderem den Vorwurf, andere zur Störung elektronischer Kommunikation angestiftet zu haben, sowie zwei Fälle unerlaubten Zugriffs auf geschützte Daten.
Wie der australische Sydney Morning Herald berichtet, war Slayo so erbost über Pläne des Telekommunikationsministers Stephen Conroy zur Filterung von Web-Inhalten, dass er zunächst ein Protestschreiben an den Minister aufsetzte, das er aber nicht abschickte. Stattdessen stellte er seine, wie es heißt, "bemerkenswerten" Computerkenntnisse in den Dienst einer großangelegten DDoS-Aktion gegen zahlreiche Websites, unter denen die von Minister Conroy und Premierminister Kevin Rudd waren. Für Idee und Organisation sei ein amerikanischer Spezialist verantwortlich gewesen; Slayo habe aber Entscheidendes zum Gelingen beigetragen, indem er Mitmacher angeworben und seine "Fight Censorship"-Website sowie seine Funktion als Channel-Admin für die Aktion missbraucht habe. Die Angriffe waren über eine Gruppe auf dem Forumsportal 4Chan lanciert worden.
Ankläger Stephen Young erklärte, Slayos "raffinierte" und geschickt geplante Handlungen hätten die Anonymität des Internet ausgenutzt, um mehrere offizielle Websites mit sinnlosen Verbindungsanfragen zu überschwemmen und dadurch unerreichbar zu machen. Darüber hinaus habe der Student damit die Aufmersamkeit der Medien wecken wollen. Dahinter habe die Absicht gesteckt, die elektronische Infrastruktur lahmzulegen und die Regierung in Bezug auf deren erklärte Politik der Installation von Internet-Filtern lächerlich zu machen.
Ein Hi-Tech-Ermittlungsteam der australischen Federal Police sei am 5. Februar aufmerksam geworden, nachdem eine Gruppe Pläne für die DDoS-Angriffe per Internet Relay Chat (IRC) verbreitet habe. Unter dem Namen "Rand" habe Slayo sich dabei als Channel Operator betätigt, der zur Moderation von Online-Diskussionen und zum Sperren von Teilnehmern berechtigt war. Mit seinen Vorrechten als Operator und mit Hilfe seiner Anti-Zensur-Website sowie des darunter laufenden Forums habe er dann einer unbekannten Anzahl MItwirkender den Zugang zu dem Channel verschafft, von dem die Angriffe ausgegangen seien.
Am 10. Februar habe Slayo über einen Channel zu Angriffen auf die Parlaments-Website aufgerufen und die Teilnehmer dann zur Site von Minister Conroy umgeleitet. Nachdem er verhaftet wurde, gab Slayo zunächst zu, er habe andere ermutigt, Webserver anzugreifen, ohne an den Angriffen jedoch selbst beteiligt zu sein. Seine Verteidigerin sagte in der Verhandlung, der Student habe wiederholt Anweisungen von anderen "weiter oben in der Kette" bekommen. Darunter sei ein Amerikaner mit dem Decknamen "Pulsar" gewesen. Dieser sei als Hauptverantwortlicher für die Aktion anzusehen. Slayo, dessen Besorgnis über geplante Webfilter durchaus legitim sei, habe die Überzeugung gehabt, das Internet solle grundsätzlich für jeden voll zugänglich sein. Unglücklicherweise, so die Anwältin, habe er einen völlig falschen Weg gewählt, um seiner Stimme Gehör zu verschaffen.
Als Richterin Donna Bakos die guten Absichten Slayos in Zweifel zog, wies dessen Verteidigerin darauf hin, die Polizei habe sein nicht abgesandtes Schreiben an Minister Conroy, das seine berechtigte Besorgnis über die Zensur des Internet zum Ausdruck bringe, im Haus seiner Mutter gefunden. Sie sagte ferner, der Angeklagte habe seinen Lebensstil in den vergangenen Monaten geändert, sodass keine weiteren Angriffe von ihm zu befürchten seien. Habe er früher nächtelang nur vor seinem Computer im Schlafzimmer gesessen, so führe er nun ein besser geregeltes Leben. Er habe jetzt eine Freundin namens Lisa – diese hatte ihn auch zur Verhandlung begleitet. Außerdem treibe er Sport, spiele Klavier und konzentriere sich auf sein Studium.
Das Urteil ist fĂĽr Dezember angekĂĽndigt. (psz)