Schlappe für Kritiker der Explorer-Marke

Der frühere Redakteur von CHIP, Claus Vester, ist endgültig im Urheberrechtsstreit gegen Symicron wegen eines Artikels über den angeblichen "Explorer" der Ratinger Softwarefirma gescheitert.

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Von
  • Alexander Kleinjung

Der frühere Redakteur des Computermagazins CHIP, Claus Vester, ist endgültig im Urheberrechtsstreit gegen die Ratinger Softwarefirma Symicron gescheitert. Der 20. Zivilsenat des OLG Düsseldorf (AZ 20 U 144/01) verwarf die von Vester eingelegte Berufung gegen ein Urteil des LG Düsseldorf vom September vergangenen Jahres.

Vester hatte im Jahre 1991 in der CHIP einen Beitrag über verschiedene Computerprogramme veröffentlicht. Darin wurde erstmals auch "Explorer" erwähnt. Später fand sich dieser Beitrag wortwörtlich als Produktbeschreibung auf der Website von Symicron. Vester sah sein Urheberrecht verletzt und wollte Symicron gerichtlich verbieten lassen, diesen Text weiterhin für Werbezwecke zu verwenden. Symicron behauptete, Vester habe in diesem Beitrag lediglich Produktinformationen der Softwarefirma zusammengefasst. Zudem wurde bestritten, dass der Beitrag die für ein Urheberrecht erforderliche "Schöpfungshöhe" erreicht.

Aus diesem Grund hatte dann auch das Landgericht Düsseldorf die Klage von Vester abgewiesen: Der Beitrag sei als solches nicht urheberrechtsfähig, weil ihm die hierfür erforderliche Schöpfungshöhe fehle. Dieser Sicht schloß sich nun auch das OLG an. Die Revision zum Bundesgerichtshof wurde nicht zugelassen, da die Sache keine grundsätzliche Bedeutung habe. Vesters Prozeßbevollmächtigter, der Düsseldorfer Rechtsanwalt Dr. Hans-Jochen Krieger hatte bereits im Vorfeld des Urteils angekündigt, den Prozeß im Falle einer erneuten Niederlage bis zum BGH treiben zu wollen. Krieger kann dies noch im Wege der "Nichtzulassungsbeschwerde" erreichen. Dann muss der Bundesgerichtshof entscheiden, ob das OLG die Revision zu Unrecht nicht zugelassen hat und das Verfahren übernehmen.

Die Chancen dafür, dass der BGH das Verfahren annehmen wird, sind allerdings als sehr gering einzustufen, denn die Niederlage von Vester ist zum Großteil hausgemacht. Im Verfahren wurde immer wieder hervorgehoben, dass es sich bei Vester um einen renommierten und fachlich versierten Fachjournalisten aus dem EDV-Bereich handelt. In diesem Fall handelt es sich bei dem von Symicron abgeschriebenen Artikel aber nur noch um eine handwerkliche, routinemäßige Leistung, die nicht den besonderen Schutz des Urheberrechts genießen. Urheberrechtsfähig sind nämlich nur persönliche, geistige Werke, die ein gewisses Maß an Individualität besitzen und über eine gewisse Schöpfungshöhe verfügen.

Der Beitrag von Vester wurde von Symicron und deren Anwalt Frhr. v. Gravenreuth als Beleg dafür herangezogen, dass Symicron seit 1991 ein Programm namens Explorer im Sortiment hat. In einem Rechtsstreit zwischen Microsoft und Symicron, der Ende 1996 mit einem -- gerne als "Lizenz" deklarierten -- Vergleich endete, soll dieser Artikel eine entscheidende Rolle gespielt haben.

Die Niederlage von Vester wiegt für die Kritiker der Abmahnpraxis schwer, weil es ihnen in diesem Verfahren nicht allein um die Frage einer Urheberrechtsverletzung ging. Hätte Vesters Klage Erfolg gehabt, hätte ihm ein Anspruch auf Auskunft und Schadensersatz zugestanden: Symicron hätte dann erklären müssen, wie viele "Explorer"-Programme verkauft worden sind. Anhand dieser Umsätze wäre der Schadensersatz ermittelt worden. Symicron hätte in diesem Fall erstmals seit Jahren harte Fakten zu seiner Software präsentieren müssen.

Die Hoffnungen der Abmahnkritiker, den Nachweis führen zu können, dass Symicron gar kein Produkt namens "Explorer" vertreibt, haben sich also in diesem Fall zerschlagen. Die Netzgemeinde wird sich auch weiterhin mit Indizien und gegenteiligen Erklärungen abfinden müssen. Symicron behauptet zwar, verschiedene "Explorer" vertrieben zu haben, weigert sich aber unter Hinweis auf militante Netzuser, Referenzkunden zu nennen. Das Magazin "Internet World" kam dagegen in einem im März 2001 veröffentlichten Bericht zu dem Ergebnis, dass es keinen "Explorer" von Symicron gibt. Auch eine von Netzusern initiierte Suche nach Explorer-Nutzern blieb ohne Ergebnis.

Wegen der Benutzung des Namens "Explorer" hat Symicron unzählige Unternehmen und Website-Betreiber abgemahnt oder verklagt. Bereits vor 1995, als mit dem "Windows Explorer" von Microsoft eines der populärsten Softwareerzeugnisse mit diesem Namensbestandteil auf den Markt gelangte, will die Firma die Bezeichnung als Software-Titel verwendet und damit ältere Rechte erworben haben. Auch zwischen dem Verlag Heinz Heise und Symicron schwelt ein Rechtstreit wegen Verletzung der Markenrechte der Firma; Symicron hatte zuletzt gegen eine Entscheidung des Landgerichts Köln vor dem Oberlandesgericht Berufung eingelegt. (Alexander Kleinjung) / (jk)