NSI legt Stratos Domain-Umzugsaktion neue Steine in den Weg

Der Streit zwischen dem Webhoster Strato und dem US-amerikanischen Domain-Registrar Network Solutions um rund 240.000 Domains von Strato-Kunden geht in eine neue Runde.

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Von
  • Holger Bleich

Der Streit zwischen dem Webhoster Strato und dem US-amerikanischen Domain-Registrar Network Solutions (NSI) um rund 240.000 Domains von Strato-Kunden geht in eine neue Runde. In einer Mitteilung kündigte NSI heute an, eine "zusätzliche Kontrollfunktion in Form eines Identifikationsnachweises" des Kunden einzuführen, bevor eine Domain zu einem anderen Registrar gezogen werden kann. Angeblich wolle man so sicherstellen, "dass diese Kunden den Transfer wirklich autorisiert haben."

Bisher zum Januar 2004 registrierte und verwaltete Strato alle .com- .net- und.org-Domains bei NSI. Vertraglich abgesichert war dieses Verfahren über ein so genanntes "Channel Agreement". Diesen Vertrag kündigte Strato zum 2. Januar und hatte vor, die entsprechenden .com-, .net- und.org-Domains von etwa 100.000 Kunden zum Registrar Cronon, einer Schwesterfirma, ziehen zu lassen. NSI gibt die Strato-Domains aber nicht kampflos auf. Das Unternehmen versuchte, die Kunden des deutschen Providers über dessen Kopf hinweg per E-Mail und Briefpost zum Abschluss eines vergleichsweise teuren Registrierungsauftrags zu überreden. Gleichzeitig sperrte NSI Strato den Zugriff auf die Registrierungsdatenbank und beharrt seitdem darauf, keine Vertragsbeziehung mit Strato, wohl aber mit den Strato-Kunden zu haben.

Strato rief seine Kunden mitterweile mehrfach per Mail und Briefpost dazu auf, sich nicht auf die Angebote von NSI einzulassen. "Wehren Sie sich gegen einen Knebelvertrag der Firma NSI, der pro Domain rund 35 US-Dollar, in Einzelfällen sogar bis zu 150 US-Dollar kostet!", ist in den Anschreiben zu lesen. Allerdings ist der Webhoster auf die aktive Mithilfe der Kunden angewiesen. Für einen Domain-Umzug bedarf es der Zustimmung des Inhabers, also des entsprechenden Strato-Kunden. Deshalb bittet Strato die Domain-Inhaber, am Kunden-Frontend ihre von NSI übermittelten Zugangsdaten anzugeben, damit der Hoster den Umzug selbst übernehmen kann. Als "Dankeschön" erhalten alle Umzugswilligen einen Gutschein für die kostenlose 1-jährige Registrierung einer zusätzlichen Domain.

Diese Aktion schmeckt NSI offensichtlich überhaupt nicht. Man sei "besorgt darüber, dass Bestätigungen von Kunden in Deutschland für die Übertragung ihrer Domain-Namen nicht von den Kunden autorisiert wurden", ließ der Registrar heute wissen. Ein Kunde habe beispielsweise berichtet, dass seine Domains trotz einer bereits kürzlich von ihm vorgenommenen Verlängerung bei NSI ohne sein Wissen und seine Erlaubnis transferiert wurden.

"Wir hoffen, unsere Kunden entscheiden sich nicht für einen Domain-Transfer, aber ein Domain-Umzug ist ihr gutes Recht und wir werden alles tun, um dieses Recht zu gewährleisten", erklärte NSI-Chef Champ Mitchell gegenüber heise online. Deshalb habe man eine zusätzliche Authentifizierung eingbaut: Auf der deutschsprachigen Website, die NSI für die Kunden erstellt habe, befinde sich nun ein Fax-Formular, das der wechselwillige Kunde ausfüllen und zu NSI schicken müsse. Außerdem verlange man ab sofort eine Kopie des Personalausweises. Offensichtlich baut NSI neue Hürden, um Strato den Wechsel im Auftrag des Kunden unmöglich zu machen.

Eine ähnliche Strategie wendet NSI derzeit auch bei der Deutschen Telekom an. Auch diese hat ihren Vertrag mit NSI gekündigt und möchte die Domains zur DTAG transferieren. heise online liegen Mails der T-Com vor, in denen sie betroffenen Domain-Inhabern eine ausführliche Anleitung gibt, wie das Fax an NSI auszufüllen und an die T-Com zu übermitteln ist. Diese übernehme dann alle weiteren Schritte.

Unterdessen hat Strato am US-amerikanischen Distrikt-Gericht Eastern Virginia Klage gegen NSI eingereicht. In der knapp 70-seitigen Klageschrift, die heise online vorliegt, verlangt Strato unter anderem, dass NSI den deutschen Webhoster als Bevollmächtigten der Domain-Inhaber anerkennt und infolge dessen nicht mehr mit den Kunden kommuniziert. Strato-Aufsichtsrat Rochus Wegener versicherte, dass allen Kunden, die sich wegen der Sache mit Strato in Verbindung setzen, keinerlei Kosten durch den Transfer entstehen. Wenn NSI, etwa für eine anstehende Erneuerung der Domain, Gebühren verlange, würden diese dem Kunden von Strato erstattet. (hob)