Ende einer Ära? Filialen-Schließungen bei Vobis [Update]

Die Aachener Zentrale der letzten großen PC-Handelskette wird dichtgemacht.

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Von
  • Torge Löding

Für die Mitarbeiter der Aachener Zentrale des PC-Fachhändlers Vobis und viele ihrer Kollegen im ganzen Bundesgebiet endete die vergangene Woche mit einem sprichwörtlichen Freitag, den 13. Auf einer Belegschaftsversammlung wurden die sie davon informiert, dass das Aachener Hauptquartier im Sommer geschlossen wird. Eine ganze Reihe der zurzeit 300 Filialen soll dieses Schicksal teilen, allein in Aachen gehen 180 Arbeitsplätze verloren. Dies erfuhr heise online aus Unternehmenskreisen. Anstatt des Filial-Geschäftes wolle Vobis den Online-Vertrieb ausbauen und sich auf die Kooperation mit Galeria Kaufhof konzentrieren.

Am Freitag wollte kein Vobis-Vertreter dazu Stellung nehmen. Den Mitarbeitern der Telefonzentrale im Aachener Gewerbegebiet war aufgetragen worden, jedem Anrufer mitzuteilen, dass niemand im Hause zu sprechen sei und keinen Anruf durchzustellen. Unterdessen bestätigte der Betriebsratsvorsitzende Uwe Scherf die Informationen aber gegenüber der Aachener Zeitung. Das Unternehmen sei zu diesem Schritt von den Gesellschaftern -- der Firma Divaco, in der vor allem ehemalige Metro-Töchter wie Vobis konzentriert sind -- gezwungen worden. Für Aachen sei dies eine "wirtschaftliche Katastrophe", so Scherf.

Man wolle weiter für die Belegschaft kämpfen. Sozialplan und Interessenausgleich seien bereits am Donnerstagabend unterzeichnet worden. Scherf hofft, dass Mitarbeiter in andere Konzerntöchter oder in andere Unternehmen vermittelt werden können. Bei einigen sei dies bereits am Freitag gelungen.

Unterdessen bestätigte eine Vobis-Sprecherin gegenüber heise online die geplante Schließung der Aachener Zentrale. "Von einem Filialen-Kahlschlag würde ich aber nicht sprechen", sagte sie. Von den bestehenden 150 Filialen im gesamten Bundesgebiet würden maximal 20 geschlossen. Die übrigen 150 Standorte (u.a. in der Galeria Kaufhof und XPress-Shop) blieben allesamt bestehen. "Damit passen wir uns an die Marktsituation an", so die Sprecherin. Änderungen werde es zudem im Sortiment geben. "Hier werden wir die Kooperation mit Markenherstellern in den Vodergrund vor die Eigenprodukte stellen", sagte sie.

Branchenbeobachter bewerten diese Entwicklung als Rückzug der letzten Fachgeschäftskette, die sich ausschließlich auf Computer-Hardware und Peripherie spezialisiert hatte. Im Jahre 1975 war Vobis unter dem Namen Vero von Theo Lieven und Rainer Fraling gegründet worden. Unter Beteiligung der Metro wurde Vobis in den Neunziger Jahren zu Europas größter PC-Handelskette mit Milliardenumsatz. Als sich die Metro AG Ende der Neunziger auf ihr Kerngeschäft zurückzog und die Vobis-Beteiligung an Divaco abgab, folgte die bislang schwierigste Phase. Im Jahr 1999 wurde die Vobis Microcomputer AG in Deutschland schließlich neu gegründet; Jürgen Rakow und Jürgen Bochmann übernahmen 25 Prozent plus eine Aktie als Gesellschafter.

Laut dem Betriebsratsvorsitzenden Scherf wollen insbesondere die Mehrheits-Gesellschafter von Divaco nun verstärkt "Synergien" in der Konzernstruktur erzielen. Dem sei die Aachener Zentrale zum Opfer gefallen. (tol)