Preiskrieg im Festnetz

Mit immer niedrigeren Preisen versuchen die Call-by-Call-Anbieter sich gegenseitig Kunden abzujagen. Allerdings werden die Angebote immer unübersichtlicher.

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Von
  • Urs Mansmann

Im Festnetz läuft derzeit eine neue Preisrunde: Ferngespräche gibt es abends bereits ab 1,3 Cent pro Minute -- gegenüber dem Standard-Preis der Telekom für analoge Anschlüsse ist das eine Ersparnis von über 80 Prozent. Allerdings gestalten die Anbieter die Tarife immer unübersichtlicher, sodass das preiswerteste Angebot immer schwerer auszumachen ist. Immer häufiger finden sich ungewöhnlich teure Zeitabschnitte in den Tariftabellen -- wohl auch mit der Absicht, Fehler der Telefonkunden bei der Interpretation der Tarifinformationen auszunutzen.

Zunächst hatte FreenetPhone (01019) die Preise über weite Tagesstrecken leicht gesenkt: Zwischen Mitternacht und 7 Uhr morgens kostet eine Minute Ferngespräch 1,38 Cent, von 7 bis 10 und von 14 bis 19 Uhr 1,48 Cent, von 10 bis 13 Uhr 1,69 Cent und von 21 bis 24 Uhr 1,45 Cent pro Minute. Zwischen 9 und 18 Uhr unter der Woche ist das Angebot das derzeit günstigste über eine reguläre Sparvorwahl.

Tief in die Tasche greifen muss der FreenetPhone-Kunde allerdings zwischen 19 und 21 Uhr: hier kostet die Gesprächsminute 4,49 Cent. Freenet begründet den hohen Preis in diesen Zeitraum damit, dass in dieser Zeit die Kapazitäten für die Internet-Einwahlen benötigt würden. Wer auch zwischen 19 und 21 Uhr günstig plaudern will, kann auf das Angebot der Freenet-Tochter 01024 Telefondienste (01024) zurückgreifen: zwischen 19 und 21 Uhr kostet die Gesprächsminute 1,48 Cent, zu den restlichen Zeiten jedoch stolze 3,9 Cent.

Auch Arcor (01070) zieht bei den Preissenkungen nach, allerdings nur in der Nebenzeit: Ferngespräche zwischen 19 und 7 Uhr und am Wochenende kosten hier nur noch 1,38 Cent pro Minute. An Samstagen, Sonn- und Feiertagen hat Arcor damit derzeit das günstigste Call-by-Call-Angebot für Ferngespräche. Dafür langt Arcor tagsüber kräftig zu: Montags bis Freitags muss der Telefonkunde für eine Minute 9,2 Cent bezahlen. Wer unter der Woche etwa um 18:59 Uhr zum Hörer greift, muss für die erste Minute eines Ferngesprächs also mehr bezahlen als für die folgenden sechs zum Billig-Tarif.

Nicht ganz so groß fallen die Unterschiede zwischen Haupt- und Nebenzeit beim Discount-Anbieter Maestro Telecom (01015) aus: 2,6 Cent in der Hauptzeit, 1,3 Cent in der Nebenzeit muss der Kunde für Ferngespräche pro Minute berappen. Aber auch hier steckt der Teufel im Detail: Das gesamte Wochenende zählt nicht etwa zur günstigen Nebenzeit, sondern zur teuren Hauptzeit. Das merkt der Kunde indes recht rasch: Maestro Telecom sagt nach dem ersten Freizeichen den Minutentarif an.

Einen Anbieter, der rund um die Uhr den günstigsten Preis anbietet, gibt es nicht. Den Aktiv-Plus- oder XXL-Tarif der Telekom für Ferngespräche unterbietet keiner der genannten Anbieter zu jeder Tageszeit. Immer knapp unter den Telekom-Sondertarifen -- selbstverständlich mit Ausnahme kostenloser Gespräche in einigen Telekom-Tarifen am Wochenende -- liegt lediglich der Anbieter 3U Telecom mit 4,5 Cent pro Minute unter der Woche von 8 bis 18 Uhr und 2,5 Cent pro Minute in der restlichen Zeit. Anders als fast alle Konkurrenten setzt 3U von jeher auf den Sekundentakt, was bei jedem Telefonat im Durchschnitt immerhin einen halben Minutenpreis einspart.

Wer immer das günstigste Angebot nutzen will, muss sich entweder eine umfangreiche Liste neben das Telefon legen oder einen Least-Cost-Router einsetzen, der für jedes Gespräch automatisch die günstigste Sparvorwahl nutzt. Da die ständige Aktualisierung mit den jeweils neuesten Tariftabellen aber in aller Regel einen bestimmten Betrag pro Monat kostet, lohnen sich solche Geräte nur für Vieltelefonierer. Außerdem kann sich der Minutenpreis während eines längeren Telefonats drastisch erhöhen, wenn zum Stundenwechsel eine teurere Tarifzeit beginnt. Dagegen ist auch ein Least-Cost-Router machtlos; die gängigen Geräte trennen die Verbindung in diesem Falle nicht. (uma)