Weiter düstere Stellenaussichten für zu viele IT-Experten

Die Zentralstelle für Arbeitsvermittlung macht den IT-Experten nur begrenzte Hoffnung.

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Von
  • Edgar Bauer
  • dpa

Für Informatiker und Computer-Experten sind die Stellenaussichten trotz einer leichten Aufbruchstimmung in der Branche weiter düster bis katastrophal. Auch wenn auf der CeBIT Optimismus verbreitet wird, zigtausende IT-Fachleute sind in Deutschland nach wie vor arbeitslos und haben zur Zeit auch nur geringe Chancen auf eine neue Stelle oder gar einen Traumjob. Das geht aus einer aktuellen Studie der Zentralstelle für Arbeitsvermittlung (ZAV) der Bundesagentur für Arbeit hervor, die heute in Bonn verbreitet wurde.

Die Talsohle bei den offenen Stellen für IT-Experten mit akademischem Abschluss ist zwar offenbar erreicht. Anfang dieses Jahres hätten die Arbeitgeber sogar zum ersten Mal mehr Stellen gemeldet als vor einem Jahr, berichtete die ZAV. Doch auf neun offene Stellen der IT-Branche kommen im Schnitt zur Zeit immer noch rund 100 Bewerber. Und ihre Zahl wird in den nächsten Jahren weiter deutlich steigen: Derzeit gibt es in den IT-Fächern 122.990 Studierende, die auf den Arbeitsmarkt drängen werden.

Mittelfristig dürfte sich am Stellenmangel deshalb insgesamt wenig ändern, ist der Studie zu entnehmen. Die Zahl der Stellensuchenden steige weiter kräftig. Für einen neuen "Hype" der Branche gebe es auch bei anziehender Konjunktur keine Anzeichen.

Der zuvor boomende Stellenmarkt für IT-Experten, als in spektakulärer Manier selbst Fachkräfte aus Indien und anderen fernen Ländern mit Green Cards umworben wurden, war im Zuge der Krise in der Branche 2000 eingebrochen. Kurz zuvor hatte Bundeskanzler Gerhard Schröder im Februar 2000 auf der CeBIT in der IT-Euphorie das Green-Card-Programm lanciert. Über Nacht standen dann zuvor insbesondere von den neuen "Start ups" gehätschelte Mitarbeiter, darunter viele Quereinsteiger und Studienabbrecher, auf der Straße.

"Kaum hatte Schröder das Programm gestartet, brach der ganze Markt ein", sagte ZAV-Experte Bernhard Hohn. Inzwischen sind auch viele Green-Card-Inhaber arbeitslos und zu einem Problem geworden. "Unser Job besteht inzwischen nicht mehr in der Anwerbung von ausländischen Experten, sondern in der Nachsorge von vielen hochkarätigen Green-Card-Inhabern, die auf der Straße stehen", berichtete Hohn.

Die ZAV macht wenig Hoffnung auf eine Wiederbelebung der fetten Jahre oder gar lukrative Einkommen: "Die Zeiten, in denen einzelne Arbeitgeber ihr nahezu rund um die Uhr arbeitendes IT-Personal mit Pizza-, Friseur-Service und anderen Annehmlichkeiten bei Laune hielten, werden auf absehbare Zeit nicht wiederkehren." Betroffen von Arbeitslosigkeit sind vor allem jüngere IT-Experten und in ihren Kompetenzen begrenzte Quereinsteiger. Ältere Beschäftigte waren und sind durch das Arbeitsrecht besser vor Kündigungen geschützt.

Nach dem Hoch des Jahres 2000, als es noch weit mehr Stellenangebote als Bewerber gab, hat sich die Zahl der Offerten von Jahr zu Jahr etwa halbiert. Im Vergleich zu 2000 umfasste das Stellenvolumen 2003 nur noch ein Drittel. Ende 2003 gab es insgesamt nur 1654 offene Stellen. Auf sie kamen 18.381 Bewerber. Die Zahlen bedeuten auf der anderen Seite gute Zeiten für Firmen, die neue Kräfte einstellen wollen: Sie haben reichlich Auswahl und können die Bedingungen weitgehend bestimmen.

Anwender mit eigenen IT-Abteilungen wollen außerdem auch durch Outsourcing noch Kosten senken, wie es in der ZAV-Studie heißt. Mit "Offshoring" werde eine Verlagerung von IT-Dienstleistungen in Niedriglohnländer als Alternative verfolgt. Nach Indien richte sich hier das Augenmerk vor allem auf Russland.

Gleichwohl machen die professionellen Arbeitsvermittler den IT-Experten begrenzte Hoffnung. Die Informationstechnologie habe inzwischen weite Teile der Wirtschaft durchdrungen und sei zu einer "Querschnittstechnologie" geworden. "Ähnlich wie Wirtschaftswissenschaftler und Juristen finden IT-Fachleute deshalb nicht nur in der IT-Branche sondern auch in allen anderen Branchen ihren Arbeitsplatz." (Edgar Bauer, dpa) / (anw)