Sun und Microsoft begraben das Kriegsbeil

FĂĽr viele Beobachter war es wohl wirklich bizarr, als Scott McNealy und Steve Ballmer auf einer Pressekonferenz am Freitag Hockey-Trikots austauschten.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 286 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Renate Grimming
  • dpa

Noch vor zwei Jahren hätte es niemand in der Branche für denkbar gehalten. Am Freitag traten sie beide schließlich doch überraschend gemeinsam an die Öffentlichkeit. Steve Ballmer, Chef des weltgrößten Softwarekonzerns Microsoft, und Scott McNealy, Mitgründer des letzten Erzfeindes des mächtigen Redmonder Softwarehauses, Sun Microsystems, tauschten als Zeichen der Versöhnung Hockey-Trikots aus. Mit der Ankündigung eines Vergleichs in Milliardenhöhe ging damit eine Jahrzehnte währende Feindschaft zwischen den beiden Unternehmen zu Ende.

Microsoft legt mit der Zahlung von 1,6 Milliarden Dollar alle Rechtsstreitigkeiten mit seinem Konkurrenten bei. Sun erhält 700 Millionen Dollar (569 Millionen Euro) zur Beilegung aller kartellrechtlichen Streitigkeiten sowie 900 Millionen Dollar für die Beilegung von Patentbeschwerden. Die beiden Konzerne einigten sich auch auf die gegenseitige Zahlung von Lizenzgebühren für die Verwendung jeweiliger Technologien. Künftig wollen die neuen Partner bei der Entwicklung neuer Produkte zusammenarbeiten.

"Ich weiß, die meisten von Ihnen denken, das ist bizarr, er und ich hier zusammen", sagte McNealy auf ihrer gemeinsamen Pressekonferenz. Jahrzehnte lang waren McNealys spöttische Seitenhiebe auf den Redmonder Riesen schließlich legendär. Microsoft und sein Firmensitz waren für ihn "die Bestie aus Redmond" und "das böse Imperium", das Betriebssystem Windows nannte er ein "gigantisches Gewölle" und die Version "Windows ME" galt ihm als Abkürzung für "Windows More Errors" (Windows mit mehr Fehlern). Der Streit zwischen den Konkurrenten eskalierte schließlich im Streit um die von Sun entwickelte Programmiersprache Java.

Java war 1995 von Sun mit dem Versprechen auf den Markt gebracht worden, auf dieser Basis werde einmal geschriebene Software künftig unverändert auf den unterschiedlichsten Geräten laufen, vom Supercomputer bis zum Handy. Microsoft reagierte prompt auf die durchaus existenzbedrohliche Ankündigung. Das Unternehmen lizenzierte zwar die Software, veränderte sie aber so, dass sie am besten unter Windows lief. Sun zog vor Gericht; und es war auch das erste Unternehmen, das in Brüssel Klage gegen Microsoft erhoben hatte. Erst kürzlich war der Softwareriese von den Brüsseler Wettbewerbshütern zu einer Rekordstrafe von 497 Millionen Euro und harten Auflagen wegen kartellrechtlicher Verstöße verdonnert worden.

Im vergangen Jahr hatte Microsoft mit AOL Time Warner einen langjährigen Streit wegen Wettbewerbsverletzung mit der Zahlung von 750 Millionen Dollar außergerichtlich beigelegt. Das Medienunternehmen hatte Microsoft vorgeworfen, mit der Bündelung seiner Software an das Betriebssystem wettbewerbswidrig gehandelt zu haben. AOLs Internet-Browser Netscape war Anfang der 90er-Jahre noch mit weitem Abstand Marktführer, Ende der 90er war Microsofts Internet Explorer auf rund 98 Prozent aller Personal Computer präsent.

Die jüngste Einigung mit Sun Microsystems ist nach Einschätzung von Experten ein weiterer Schritt zu einer neuen Unternehmenspolitik des Softwaregiganten. In den vergangenen Jahren demonstrierte Microsoft durchaus plakativen Pragmatismus um sein Image nach außen aufzubessern, meint auch der Online-Branchendienst cnet. Für Sun wird die schwierige Wirtschaftslage des Unternehmens allerdings trotz der Zahlungen von zunächst 1,6 Milliarden Dollar nicht behoben sein. In den vergangenen sechs Monaten hatte Sun nach vorläufigen Zahlen einen Verlust von 3,84 Milliarden Dollar eingefahren. (Renate Grimming, dpa) / (mw)