SPD-Fraktion fordert Sondersitzung von Chipfabrik-Ausschuss
Die SPD will von Justizministerin Barbara Richstein eine Erklärung hören, warum sie nicht der Aufforderung des Ausschusses nachgekommen sei, Unterlagen zum Korruptionsverfahren gegen den ehemaligen Wirtschaftsminister Wolfgang Fürniß vorzulegen.
Die brandenburgische SPD-Landtagsfraktion hat eine Sondersitzung des Chipfabrik-Untersuchungsausschusses gefordert. Dabei müsste Justizministerin Barbara Richstein (CDU) erklären, warum sie nicht der Aufforderung des Ausschusses nachgekommen sei, Unterlagen zum Korruptionsverfahren gegen den ehemaligen Wirtschaftsminister Wolfgang Fürniß (CDU) vorzulegen, teilte die Fraktion heute mit. Das Gremium hatte Berichtshefte und Handakten der Staatsanwaltschaft zu den Ermittlungen angefordert. Dazu war ein entsprechender Beweisbeschluss gefasst worden.
Der Untersuchungsausschuss soll die Ursachen für das Scheitern der in Frankfurt (Oder) geplanten Chipfabrik aufklären. Der SPD-Obmann in dem Gremium, Dietmar Woidke, bezeichnete den "laxen Umgang" mit Beschlüssen des Ausschusses seitens des Justizministeriums als nicht länger hinnehmbar. Schließlich sei die Frist für die Lieferung der Unterlagen bereits am 15. Juli abgelaufen. SPD-Fraktionssprecher Ingo Decker ergänzte: "Der Ausschuss braucht die Unterlagen, um seinem Untersuchungsauftrag nachkommen und seinen Abschlussbericht verfassen zu können." Der Bericht soll dem Landtag bei dessen Sondersitzung Ende August vorliegen.
"Uns hat eine solche Fristsetzung nicht erreicht", sagte die Sprecherin des Justizministeriums, Dorothee Stacke. Dem Ausschuss seien bereits im Februar sämtliche Sachakten zum Fall Fürniß übermittelt worden. Derzeit werde noch geprüft, ob Handakten -- interne dienstliche Unterlagen der Staatsanwaltschaft -- herausgegeben werden. Dabei handele es sich um eine grundsätzliche Frage.
CDU-Generalsekretär Thomas Lunacek erklärte: "Ich glaube, die Sozialdemokraten überschätzen den Informationsgehalt der angeforderten Unterlagen." Bei dem Vorgehen der SPD spiele der Wahlkampf sicher eine erhebliche Rolle. Zur Frage der Fristsetzung erklärte Decker, dass das Anliegen des Ausschusses mit Frist an das in Sachen Chipfabrik federführende Wirtschaftsministerium geleitet worden sei. "Der Aktenaustausch ist Sache der Landesregierung."
Über den Antrag der SPD-Fraktion müsse der Ausschussvorsitzende Heinz Vietze (PDS) befinden, sagte Decker. Die Sondersitzung müsse binnen zwei Wochen einberufen sein. Auslöser für die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen Fürniß auch zum Verdacht der Geldwäsche war im Jahr 2002 der Eingang von insgesamt knapp 1,5 Millionen Euro auf dem Privatkonto des damaligen Ministers. Das betroffene Geldinstitut erstattete Anzeige.
Fürniß hatte während einer Dienstreise in die Vereinigten Arabischen Emirate beim Herrscher des Emirats Sharjah einen Privatkredit für sich erwirkt. Zu gleichen Zeit liefen die Verhandlungen über die später gescheiterte Chipfabrik in Frankfurt (Oder), für die das Emirat Dubai der Hauptinvestor war. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) stellte ihre Ermittlungen zum Verdacht der Geldwäsche im Oktober 2002 ein. Die dubiosen Umstände des Privatkredits führten im November 2002 zum Rücktritt des Wirtschaftsministers. (dpa) / (anw)