Spielzeugroboter: Ist denn schon Weihnachten?

Zu ungewöhnlicher Jahreszeit möchte ein fernsteuerbarer, laufender Roboter den Markt für technisches Spielzeug aufmischen: Für rund 130 Euro soll "Robosapien" kleinen und großen Knöpfchendrückern Gesellschaft leisten.

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Woran merkt derjenige, der Lichterketten, Tannenzweige, Zimtgeruch und adventliches Liedgut schon lange durch seinen gehirneigenen Spamfilter ignorieren lässt, dass es auf Weihnachten zugeht? Ganz einfach: an der Markteinführung technischer Spielzeuge, die geradezu danach lechzen, diverse Gabentische erklimmen zu dürfen. Sobald etwa neuartige digitale Homunculi in Schaufenstern und Zeitschriftenartikeln auftauchen, öffnen sich gemeinhin zur beginnenden Winterszeit Herzen und Portmonnees kleiner und großer Roboterfreunde.

Wenn mit dem Robosapien von Wow Wee jetzt bereits zur Jahresmitte ein fernsteuerbarer, laufender Robbi den deutschen Markt erobern möchte, dann mag das für manchen einiges über die Qualität des diesjährigen Sommers aussagen – nach dem Motto "Herbst hatten wir ja schon, also wird's Zeit zum Plätzchenbacken". Andere wie etwa Jörg Wolf von Wolfsoft, der den digitaltechnischen kleinen Wandersmann aus Hongkong-Produktion mit einer eigens in Auftrag gegebenen deutschen Anleitung verkauft, sehen in dem "revolutionären Produkt" einfach nur ganz bescheiden den Beginn einer "neuen Ära im Spielzeugmarkt".

Hersteller Wow Wee, bislang bekannt durch Produkte wie "Animaltronics" und "Dinotronics", bezeichnet Robosapien als ersten erschwinglichen humanoiden Roboter. Der Preis in Deutschland beträgt rund 130 Euro – das Prädikat "Humanoid" ist in Bezug auf Erscheinungsbild und Bewegungsmuster des rund 36 cm hohen Robbis leidlich angemessen, aber darüber hinaus hält sich dessen Menschenähnlichkeit in Grenzen. Er kann in zwei Geschwindigkeiten gehen und sich wenden; seine beweglichen Arme arbeiten mit zwei Arten von Greifern. Die insgesamt 67 vorprogrammierten Funktionen, die sich über die Fernbedienung abrufen lassen, umfassen Tätigkeiten wie das Aufheben von Objekten, Werfen, Treten und Tanzen. Dank seiner Fähigkeit, Geräusche zu erzeugen, soll er laut Herstellerangaben sogar pseudobiologische Winde von sich geben können – der erste Ansatz zu peristaltischer Flegelhaftigkeit im Roboterbereich.

Eigene Programmabläufe mit bis zu 84 Einzelschritten lassen sich mit Hilfe von vier Programmiermodi zusammenstellen, wobei auch Reaktionen auf Geräusche und Berührungen verarbeitet werden können. Wie informationsträchtig die "Höhlenmenschen"-Sprache ist, die Robosapien flüssig beherrscht, kann dahingestellt bleiben: Laut Herstellerangaben ist sie dem angepeilten Markt entsprechend "international".

Entworfen von Roboterwissenschaftler Mark Tilden, der laut Wow Wee unter anderem bereits für NASA und DARPA gearbeitet hat, profitiert Robosapien bei seinen Bewegungsabläufen von Forschungsergebnissen, die seinem Schöpfer zufolge zuvor noch nicht für den Massenmarkt umgesetzt worden sind. Bislang litten menschenähnliche Bewegungskonzepte für Roboter an dem hohen technischen Aufwand, der zu ihrer Verwirklichung zu treiben war, und unter unangemessen hohem Energieverbrauch. Diese Probleme will Tilden im Zusammenhang mit seinem Konzept für biomorphe Roboter, das er bereits 1988 entwickelte, in den Griff bekommen haben.

Wenn demnächst irgendwo der erstaunte Ausruf "Ist denn schon Weihnachten?" erklingt, dann muss das nicht unbedingt mit überreichlich genossener Mobilfunkwerbung zu tun haben. Folgt dem Zitat ein höhlenrobotartiges Knurren, so wissen zumindest Kenner der Spielwarenszene, was los ist.

(psz)