Premierminister spammt Wähler

Der australische Premierminister John Howard hat im Wahlkampf die Firma seines Sohnes Spam-Mails verschicken lassen -- eine Steilvorlage fĂĽr seinen Gegenkandidaten.

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Der australische Premierminister und Rechtsanwalt John W. Howard hat im Wahlkampf Spam-Mails verschicken lassen. Damit hatte er die von seinem Sohn Tim Howard gefĂĽhrte Firma Net Harbour beauftragt. Die Kritik der Opposition und der Vorwurf des Rechtsbruchs folgten auf dem FuĂź -- allerdings folgten auch mindestens drei weitere Minister von Howards konservative Liberal Party dem Beispiel und lieĂźen Net Harbour ebenfalls politische Werbemails an Einwohner ihres Wahlkreises versenden. "[Die Mails] werden in meinem Namen als Abgeordneter fĂĽr den Wahlkreis Bennelong [in Sydney] verschickt", wird Howard in australischen Medien zitiert, "Ich bin sehr stolz auf die Tatsache, dass mein Sohn ein kleines Unternehmen gegrĂĽndet hat. Er ist in seinen Zwanzigern und ich finde es ganz toll, dass er darauf vorbereitet ist, mit einem kleinen Unternehmen zu starten. Das ist die Zukunft dieses Landes."

Laut Howard und seiner zuständigen Kommunikationsministerin ist sein Vorgehen nicht illegal, weil das im April in Kraft getretene Anti-Spam-Gesetz eine Ausnahme für politische Parteien, Regierungsorganisationen, Wohltätigkeitsorganisationen, religiöse Körperschaften und Bildungseinrichtungen vorsieht. Die Labour Party meint jedoch, dass diese Ausnahmeregel in diesem Fall nicht greifen kann, weil ja ein Unternehmen die Mails verschickt habe, und fordert eine Untersuchung durch die Regulierungsbehörde. Die Höchststrafe für Wiederholungstäter liegt bei 1,1 Millionen australischen Dollar (640.000 Euro) pro Tag. Die Regierung wollte ursprünglich in Sachen Spam ein Vorbild für andere Regierungen abgegen.

Kurioserweise hat Howard in seinem Wahlkreis mit Troy Rollo einen schillernden Gegenkandidaten, der ebenfalls Rechtswissenschaften studiert hat. Rollo wählt sonst die Liberal Party und will sie auch wieder als Regierungspartei sehen, möchte aber wegen Howards Irak-Politik und der harschen Maßnahmen gegen Flüchtlinge einen anderen Premierminister im Amt wissen. Mit den Spam-Mails hat Howard Rollo quasi einen Elfmeter aufgelegt: Der unabhängige Kandidat ist Gründer der australischen Anti-Spam-Organisation CAUBE und geschäftsführender Direktor der International Coalition Against Unsolicited Commercial Email (iCAUCE). "Wenn E-Mails ohne Zustimmung und in Massen verschickt werden, handelt es sich um Spam. Egal, was der Inhalt ist. Es ist unethisch und demonstriert Missachtung der Empfänger." Er wirft dem Premierminister vor, eine Lücke des von ihm selbst eingeführten Gesetzes auszunutzen: "Damals wurde uns versichert, dass die Ausnahmebestimmungen nur eine Vorsichtsmaßnahme seien, um diese Organisationen vor Strafe bei unabsichtlicher Verletzung des Gesetzes zu schützen", so Rollo, "[Die Ausnahmen] sind jedenfalls nicht dazu gedacht, eine Lizenz zum Spammen auszustellen."

Howard will nicht verraten, wieviel er für die Mails bezahlt hat, die auch Wähler anderer Wahlkreise erreicht haben. Die Rechnungen würden zwar über die Partei bezahlt, allerdings aus seiner eigenen Tasche finanziert, daher müsse er dies nicht offen legen. Auch die Quelle der E-Mail-Adressen wollte keiner der Beteiligten preisgeben. Down Under wird allgemein erwartet, dass der Premierminister an diesem Wochenende Neuwahlen für den 9. Oktober ansetzt. Die Labour Party will jedenfalls keine Massenmails verschicken. Dies würde mindestens so viele Wähler vertreiben, wie anziehen, heißt es. Die Partei sollte es wissen: Bereits 1998 hatte sie selbst mit einer E-Card-Aktion für Unmut gesorgt. (Daniel AJ Sokolov) (je)