Gericht verbietet eBay, Identitätsklau zu dulden
Das Amtsgericht Potsdam hat eine einstweilige Verfügung gegen eBay bestätigt und die Betreiber verpflichtet, Teilnehmer vor den Aktivitäten von Accountfälschern zu schützen.
Am vergangenen Freitag, dem 3. Dezember, hat das Amtsgericht (AG) Potsdam eine Entscheidung getroffen, die neue Bewegung in zahlreiche Fälle von Identitätsklau durch eBay-Betrüger bringen dürfte (Az. 22 C 225/04, siehe auch die Website des Klagevertreters). Geklagt hatte ein eBay-Teilnehmer, dessen Namensdaten für Accountfälschungen missbraucht worden waren. Er wollte eBay daran hindern, weiterhin Anmeldungen von Fake-Accounts unter Benutzung seiner Adress- und Geburtsdaten zuzulassen, und hatte bereits im Februar beim gleichen Gericht eine entsprechende einstweilige Verfügung gegen die Betreiber erwirkt, die nun durch das Hauptsacheurteil in erster Instanz bestätigt wurde.
Das AG Potsdam hat die Unterlassungsklage des eBay-Teilnehmers als begründet anerkannt und den Betreibern des Online-Marktplatzes als "mittelbaren Störern" verboten, unter Namen und Anschrift des Klägers andere Teilnehmer als ihn selbst zum Handel auf eBay zuzulassen. Sollte dies doch geschehen, droht den Betreibern die Zahlung eines Ordnungsgelds in Höhe von 250.000 Euro. Der Streitwert für das Verfahren war auf 52.650 Euro festgesetzt worden.
Der Kläger hatte darauf hingewiesen, dass die eBay-Betreiber durch die Schaffung ihrer Handelsplattform eine Gefahrenquelle geöffnet haben, die einen Identitätsdiebstahl relativ einfach ermöglicht. Das Gericht schloss sich der Ansicht an, eBay sei somit dazu verpflichtet, bei vorliegenden Hinweisen auf bereits erfolgten Missbrauch der Namensdaten des Klägers weitere Transaktionen dieser Art zu verhindern. Die klagende Partei argumentierte unter anderem mit dem "Rolex-Urteil" des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 11. März 2004 (Az. I ZR 304/01). Dieses geht davon aus, dass ein Internet-Auktionshaus wie eBay nicht nur verpflichtet ist, Angebote zu sperren, die Rechte Dritter verletzen, sondern darüber hinaus auch Vorsorge dafür zu treffen hat, dass es in der Zukunft nicht zu weiteren gleich gelagerten Rechtsverletzungen kommt.
Die eBay-Betreiber hatten eingewendet, man könne nicht einfach eine verpflichtende Identitätsprüfung einführen. Das hielt das Gericht auch nicht allgemein für nötig: "Die Beklagte (muss) eine Identitätsprüfung nur in einem ihr zumutbaren Rahmen durchführen ..." Da aber der Kläger die Marktplatzbetreiber bereits darauf hingewiesen hatte, dass seine Daten von Dritten für unsaubere eBay-Geschäfte missbraucht worden waren, sah das Gericht nun die Betreiber in der Pflicht, eine Fortsetzung dieses Accountdiebstahls und damit auch weitere Neuanmeldungen unter den Namens- und Adressdaten des Klägers zu verhindern. Dem Einwand der beklagten Partei, wer seine Adresse und sein Geburtsdatum irgendwo im Internet bekannt mache, sei selbst schuld, wenn andere diese Daten zum Einrichten von Fake-Accounts auf dem Online-Marktplatz nutzen würden, mochte das Gericht sich nicht anschließen.
Die Vorgeschichte des Falls dauert bereits über ein Jahr. Der nunmehr erfolgreiche Kläger hatte festgestellt, dass unter seinem Namen, aber mit einem fremden Account Pullover bei eBay angeboten worden waren und der unbekannte Anbieter die Käufer mit mangelhafter Ware oder gänzlich unterbliebenen Lieferungen über den Tisch zog.
eBay hat bereit angekündigt, gegen die noch nicht rechtskräftige Gerichtsentscheidung Berufung einzulegen. Wenn sich die Rechtsauffassung des AG Potsdam durchsetzt, haben Opfer von eBay-Accountfälschern, deren Daten trotz Hinweisen an das Unternehmen weiterhin für Fake-Accounts missbraucht werden, eine günstige Voraussetzung, um Unterlassungsansprüche gegen eBay geltend zu machen. Dass bislang beim Anlegen eines eBay-Accounts kein eindeutiger Identitätsnachweis zwingend notwendig ist, sehen viele Kritiker als schweres Manko an. Die seit Februar 2003 von eBay für die Anmeldung neuer Teilnehmer praktizierte Schufa-Nachfrage verifiziert lediglich Postanschrift und Geburtsdatum -- Accountfälscher konnten solche Daten vielfach durch das Absuchen von Websites gewinnen.
Mitarbeiter des deutschen eBay-Zweigs hatten gegenüber c't bereits im Mai 2004 Stellung zum Problem des Identitätsklaus bezogen. Dabei sprachen sie sich sowohl gegen den Vorschlag aus, dass Mitglieder per Checkbox das Einrichten neuer Accounts unter der eigenen Anschrift verhindern könnten, als auch gegen die schnelle und verbindliche Einführung digitaler Signaturen zum Kundenschutz. Till Göhre, Senior Product Manager, wies darauf hin, der Online-Marktplatz verfüge schon über "durchaus effektive Tools" zur Lösung des Problems, und Wolfgang Weber, Leiter des Bereichs Internetsicherheit bei eBay, verwies auf Einrichtungen wie etwa den Status "geprüftes Mitglied", der eine Identitätsüberprüfung voraussetzt. Da es dabei jedoch um freiwillige Maßnahmen geht, nützt dergleichen gegen Accountfälscher nichts. Auch mit dem Hinweis darauf, dass der deutsche eBay-Zweig keine proprietären Alleingänge starten könne und an technische Entscheidungen aus den USA gebunden sei, werden die Marktplatzbetreiber sich nicht auf Dauer den Erfordernissen eines wirksamen Identitätsschutzes verschließen können. (psz)