Google verstümmelt E-Mail-Adresse im Usenet-Archiv

Google hat in Google Groups, dem weltweit wichtigsten Usenet-Archiv, alle E-Mail-Adressen unlesbar und damit oft unbrauchbar gemacht.

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Google hat in Google Groups, dem weltweit wichtigsten Usenet-Archiv, alle E-Mail-Adressen unlesbar und damit oft unbrauchbar gemacht. Betroffen sind nicht nur die in den Headern von Usenet-Nachrichten enthaltenen Adressen des jeweiligen Autors, sondern auch im Body -- dem eigentlich Inhaltsteil -- der Postings enthaltene elektronische Anschriften. E-Mail-Adressen werden bei Google Groups nun nicht mehr komplett, etwa als name@domain.com, sondern nur mehr im Format na...@domain.com maskiert dargestellt. Vollzogen wurde die Umstellung bereits bei groups.google.com, und groups-beta.google.com, während die deutschsprachigen Versionen von Google zurzeit nicht davon betroffen sind. In der Vorschau-Ansicht von Nachrichten sind Adressen auch bei groups.google.com bisweilen noch sichtbar.

Die Maßnahme soll dem Spamschutz dienen, betonte ein Google-Sprecher in einer ersten Stellungnahme gegenüber heise online. Sie bringt allerdings eine ganze Reihe von Problemen mit sich. Und Postings, die eine gewisse Schöpfungshöhe aufweisen, sind zudem urheberrechtlich geschützt. Soweit darin E-Mail-Adressen enthalten sind und bei der Anzeige verändert werden, könnte es sich nach Ansicht mancher Juristen um eine Urheberrechtsverletzung handeln. Andere Rechtskundige wieder sehen die Veränderung als zu geringfügig an, um einen Verstoß gegen deutsches Urheberrecht zu bewirken. Hier könnte wohl nur ein Musterprozess Klarheit schaffen. Angesichts der international vielfältigen Urheberrechtsregelungen begibt sich Google jedenfalls auf rechtlich unsicheres Terrain. Rechtswidrig könnte auch die Maskierung der Autoren-Adressen sein, wenn dadurch deren Identität verschleiert wird.

In vielen Fällen unmöglich geworden ist durch die "Maskerade" die Kontaktaufnahme mit Autoren von Usenet-Postings. Theoretisch bietet Google Inhabern von Google-Accounts die Möglichkeit, an die nicht angezeigten E-Mail-Adressen Mails zu schicken. Google-Accounts sind gegenwärtig kostenlos. Jedoch haben vor allem regelmäßige Nutzer des Usenet ihre E-Mail-Adressen vor automatischer Erkennung durch von Spammern eingesetzte Adress-Suchprogramme geschützt. Häufig sind Modifikationen wie nameNOSPAM@domain.com, name_REMOVE_@domain.com oder name@domain.comcomcom. Manchmal wurde auch eine Veränderung wie nameZZZ@domain.com gewählt, wobei dann eine Zeile im Text jeder Nachricht des Absenders auf die notwendige Korrektur hinweist. Durchsucht eine Software Newsgroups automatisch nach E-Mail-Adressen, um dann Spam abzusetzen, scheitert die Zustellung. Ein menschlicher Nutzer des Usenet kann diese Veränderungen jedoch leicht erkennen und die Adresse entsprechend korrigieren. Über einen Google-Account an eine bereits ursprünglich Spam-geschützte und nun "maskierte" Anschrift zu mailen, ist allerdings nicht möglich. Die Mitteilung geht ins Leere, der Absender wird nicht über den Fehlschlag informiert.

Google hatte 2001 das ab 1995 von Deja.com geführte Usenet-Archiv gekauft und fortgeführt. Dazu wurden weitere Sammlungen wie etwa die von 1992 bis 1995 publizierten NetNews-CD-ROM hinzugefügt. Die Datenbank enthält viele Millionen Postings, die älteste gespeicherte Nachricht stammt aus dem Mai 1981. Damit ist Google Groups zu einem wichtigen Kulturschatz geworden. Sollte die nun auf der Google-Hauptsite eingeführte Maskierung von E-Mail-Adressen beibehalten und international umgesetzt werden, könnte Google das Usenet-Archiv eines wichtigen Elements berauben. (Daniel AJ Sokolov) / (jk)