Computersieg gegen Fernschach-Großmeister

Fernschach gilt als letzte Domäne der Menschheit, seit die Computerprogramme im Turnierschach gegen Weltmeister wie Kasparow oder Kramnik bestehen und den Rest der Weltspitze gnadenlos wegputzen.

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Von
  • Lars Bremer

Fernschach gilt als letzte Domäne der Menschheit, seit die Computerprogramme im Turnierschach gegen Weltmeister wie Kasparow oder Kramnik bestehen und den Rest der Weltspitze gnadenlos wegputzen. Im Fernschach jedoch, mit einer Bedenkzeit von mehreren Tagen pro Zug, würden die Maschinen kein Bein aufs Brett bekommen, lautete die nahezu einhellige Meinung der Experten. Hier würde sich menschliche Intuition durchsetzen, die Fähigkeit, langfristige Pläne zu schmieden. Doch es kam anders: In einem Match gegen sechs der stärksten Schachprogramme zog Fernschach-Großmeister Arno Nickel den Kürzeren: Drei Partien endeten remis, zwei verlor der Meister, eine läuft noch.

Das Match wurde von der Fachzeitschrift Computerschach und -spiele (CSS) und dem Fernschach-Portal Chessfriend organisiert. Sechs Hobbyschachspieler mit schneller Hardware betreuten je ein Schachprogramm, darunter den Computerschach-Weltmeister mit dem Namen Junior, das Programm Fritz und Ranglistenführer Shredder. Die Bedenkzeit von 40 Tagen pro zehn Züge konnten die Bediener ihren Programmen nach Belieben zuteilen, also in simplen Stellungen wie Zurückschlagen bei einem Abtausch sofort ziehen, während in komplizierten Positionen die Programme auch einmal mehrere paar Tage an einem Zug rechneten. Dadurch konnten die Maschinen manche für Zuschauer und Arno Nickel überraschende "menschlich anmutende" Züge finden, besonders in den zwei von Nickel verlorenen Partien. Es hätte sogar noch schlimmer kommen können: In einer der Partien, die letztlich remis endeten, übersah das spielende Programm kurz nach der Eröffnung eine Gewinnkombination.

Großmeister Arno Nickel, mit einer Fernschach-Elo von 2586 die Nummer 108 der Weltrangliste, der seine Züge natürlich ebenfalls mit Computerhilfe analysierte, unterschätzte offenbar die Spielstärkesteigerung der Programme bei sehr langer Bedenkzeit. Dennoch scheint Nickel Geschmack an Matches gegen Computer gefunden zu haben: Derzeit spielt er zwei Fernpartien gegen das FPGA-Programm, das unter dem Namen Hydra bekannt wurde.

Auf der Seite der Computerschach und -spiele kann man die Partien des Matches nachspielen und Arno Nickels Kommentare zu den einzelnen Zügen lesen. (Lars Bremer) / (jk)