ISSCC: IBM und Sony präsentieren Cell-Prozessor

Mit einer enormen Speicherbandbreite ausgestattet positionieren die Entwickler Cell als Breitband- und Echtzeit-Architektur für rechenintensive Anwendungen in der Medienverarbeitung.

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Von
  • Erich Bonnert

Als "Supercomputer auf einem Chip" haben IBM und Sony auf der ISSCC den von vielen Gerüchten umrankten Cell Microprocessor vorgeführt. Aus Patentschriften und im Vorfeld der ISSCC verteilten Mitteilungen der Entwicklungspartner war bekannt, dass Cell aus mehreren Prozessorkernen besteht, die auf IBMs Power-Architektur basieren. Der Chip umfasst eine 64-Bit-Power-CPU -- ein vereinfachter Power5 mit Doppelkern -- sowie acht so genannte Synergistic Processing Units (SPU) aus jeweils einem Power-basierten Core. Diese erste massive Nutzung von integrierten Prozessorkernen verschafft dem Chip eine extrem hohe arithmetische Rechenleistung.

Der als Steuerinstanz fungierende 64-bit-Power-Prozessor mit VMX-Erweiterungen für Gleitpunkt-Aufgaben kann zwei Programmthreads gleichzeitig bearbeiten. Insgesamt verfügt der Chip über 2,5 MByte Speicher: 512 KB Level-2-Cache für die Steuer-CPU und achtmal 256 KB in den SPUs. Die SPUs verzichten auf eine Cache-Hierarchie und sind durch DMA-Flow-Controller direkt mit ihren lokalen Speichern verbunden. Sie sind nach der SIMD-Methode organisiert mit Local Store. Ein 128-Bit-Registerfile erlaubt jeder SPU 128 Einträge und somit 128 gleichzeitige Transaktionen zwischen Speicher und Prozessor. Mit dieser enormen Speicherbandbreite positionieren die Entwickler Cell als Breitband- und Echtzeit-Architektur für rechenintensive Anwendungen in der Medienverarbeitung.

Über 256 GFlops soll der Cell in grafischen und visuellen Anwendungen leisten -- ein Wert, der ihn in den Top-Ten der schnellsten Supercomputer platzieren würde. Ein bei IBM in East Fishkill hergestellter Prototyp hat Taktgeschwindigkeiten bis zu 4,6 GHz erreicht. Der Pilotbaustein wird in einem 90-Nanometer-Prozess produziert. Die 234 Millionen Transistoren haben dabei auf einem Plättchen von 221 Quadratmillimeter Platz.

Bisherige Prozessoren in Entertainment- und Spieleanwendungen werde die Leistung des Cell bis zu zehnmal übertreffen, sagte Jim Kahle, IBMs Technologiedirektor für das Cell-Projekt. Zu Stromverbrauch und Wärmeentwicklung des Chips wollte Kahle keine Einzelheiten verraten. Es wurden jedoch eigens neue Techniken entwickelt, mit Luftkühlung bleibe der Baustein "innerhalb üblicher thermaler Bedingungen". Zehn Temperatursensoren und ein linearer Sensor sollen kritische Wärmepunkte überwachen -- und vermutlich wie in IBMs Power970-Prozessoren die Reduzierung von Takt und Spannung veranlassen.

Der Chip ist eine Gemeinschaftsentwicklung von IBM mit Sony und Toshiba. Die drei Konzerne gründeten eigens ein Design-Zentrum in Austin/Texas. Dort sollen auch die ersten Bausteine produziert werden. Sun Microsystems und andere Chipfirmen arbeiten an ähnlichen Multicore-Architekturen, sind aber noch mindestens ein Jahr von vergleichbaren Ergebnissen entfernt. (Erich Bonnert) / (anw)