Anti-Spam-Bemühungen von Rot-Grün stoßen auf geteiltes Echo

Der IT-Brancheverband Bitkom sieht im Gesetzesentwurf die Grenzen zwischen Spam und "seriöser Werbung" noch nicht ausreichend gezogen; Stimmen aus der CDU kritisieren ein "reines Lippenbekenntnis".

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 207 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.

Der Vorstoß von Rot-Grün, das Teledienstegesetz um einen Anti-Spam-Paragraphen zu bereichern und die Verbreiter von Werbemüll mit hohen Bußgeldern zu belegen, wird von der Wirtschaft prinzipiell begrüßt. So schreibt der Bitkom in einer aktuellen Stellungnahme, dass die wachsende Zahl unerwünschter E-Mail sowohl private Nutzer als auch Unternehmen, Behörden und die für den Transport zuständigen Provider verstärkt schädige. Einige Vorschläge der Regierungsfraktionen gehen dem Branchenverband aber zu weit. Er sieht insbesondere die Notwendigkeit, "Augenmaß zu bewahren" und nicht jede Mail mit werblichen Inhalten als Spam abzustempeln. Die Möglichkeit der Kundenansprache auch per E-Mail müsse gewahrt bleiben.

Rot-Grün will den Verbotstatbestand vor allem an die Verschleierung und Verheimlichung des Absenders oder des kommerziellen Charakters einer Mail knüpfen. Darunter sollen auch bestimmte Begrüßungsformeln in der E-Post fallen. In der Begründung des "Anti-Spam-Gesetzes" ist in diesem Zusammenhang etwa von einer automatisch generierten "persönlichen" Ansprache des Adressaten die Rede. Dies erscheint dem Bitkom als kein ausreichendes Indiz für eine absichtliche Täuschungshandlung. Die Gestaltung der Betreffzeile müsse "grundsätzlich Sache der unternehmerischen Freiheit" bleiben. Auch eine Pflicht zur ausdrücklichen Kennzeichnung jeglicher Werbung per E-Mail lehnt der Verband ab.

Unbedingt ist nach Ansicht des Bitkom zudem klarzustellen, dass Auftraggeber von Spam und andere Beteiligte nur dann haften, wenn auch ihnen hinsichtlich der konkreten Täuschungshandlung eine Absicht nachgewiesen werden kann. Anderenfalls, fürchtet der Verband, würde ein "enormes Missbrauchspotenzial geschaffen". Die Hightech-Lobby vermisst ferner eine Klarstellung in dem Gesetzesentwurf, dass das Filtern und Blockieren von Spam-E-Mails rechtmäßig ist. Das Oberlandesgericht Karlsruhe hatte hier jüngst unter dem Hinweis auf das Post- und Fernemeldegeheimnis eine andere Haltung vertreten. Der Anti-Spam-Entwurf weise in diesem Punkt noch Widersprüche auf.

Kritik an der Gesetzesinitiative kommt auch von der Internetbeauftragten der CDU/CSU-Fraktion, Martina Krogmann. Sie moniert, dass der Entwurf mit seiner Ausrichtung auf E-Mail allein zu kurz greife. So biete er keine Handhabe gegen Spam in Foren, Gästebüchern oder den Kommentarfeldern von Weblogs. Zudem reibt sich die Unions-Netzexpertin verwundert die Augen, weil Rot-Grün zwar einerseits erkannt habe, dass "Spam erfolgreich nur durch verstärkte internationale Zusammenarbeit zu bekämpfen" sei. Andererseits habe sich die Bundesregierung aber nicht dem neuen EU-Bündnis zur Bekämpfung des Werbemülls angeschlossen. Die Anti-Spam-Politik verkomme daher zum "reinen Lippenbekenntnis".

Laut Hubertus Heil, dem telekommunikationspolitischen Sprecher der SPD-Fraktion, geht Rot-Grün dagegen mit guten Vorbild voran. "Wir setzen -- bis ergänzende internationale Regelungen erfolgen -- auch auf internationaler Ebene ein Signal für andere Staaten, rechtliche Lücken zu schließen und für eine wirksame Durchsetzung zu sorgen." Das Gesetz werde daher, so die Hoffnung Heils, "nicht nur in Deutschland, sondern auch weltweit einen Beitrag zur Abschreckung von Spammern und zum Schutz von Verbraucherinteressen leisten." (Stefan Krempl) / (jk)