Elektronische Gesundheitskarte: Startlöcher in und um Heilbronn
In einem Versuchprojekt will Baden-Württemberg die für 2006 geplante elektronische Gesundheitskarte testen, um Erfahrungen im praktischen Einsatz zu sammeln.
Auf dem Telematiktag ihrer Landesvertretung hat die Sozialministerin Baden-Württembergs, Tanja Gönner, erklärt, dass ihr Land die elektronische Gesundheitskarte testen will. Dieser von ihrem Ministerium mit 200.000 Euro unterstützte Versuchslauf findet im Stadt- und Landkreis Heilbronn statt, wo alle Beteiligten in den Startlöchern stünden, so Gönne. Neben Ärzten, Zahnärzten, Apothekern und Krankenhäusern sind die AOK Baden-Württemberg, die Betriebskrankenkassen Bosch, Daimler-Chrysler und SEL sowie die Techniker Krankenkasse beteiligt. Koordiniert wird der Versuchslauf von der Landesärztekammer Baden-Württemberg, deren Präsidentin Ulrike Wahl verkündete: "Mit unserer Beteiligung wollen wir sicherstellen, dass ärztlicher Sachverstand in die Entscheidungen über den weiteren Fortgang des Projekts mit einbezogen wird."
Das Land Baden-Württemberg will beim Einstieg in die medizinische Telematik eine Vorreiterrolle spielen. In der Vergangeheit war es die AOK Baden-Württemberg gewesen, die auf Wunsch ein Foto des Versicherten auf der herkömmlichen Versichertenkarte anbot. Rund ein Drittel der Versicherten soll dieses zusätzliche Sicherheitsmerkmal akzeptiert haben. Auch das Projekt Doctor to Doctor (D2D) der kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein wurde in Baden-Württemberg getestet.
Zur CeBIT will die Bundesregierung mit den beauftragten Firmen im bIT4health-Konsortium die Lösungsarchitektur vorstellen. "Danach ist es entscheidend, dass das Bewerbungsverfahren zügig anläuft, um nicht weitere Zeit zu verlieren", erklärten Tanja Gönner und AOK-Chef Rolf Hoberg in Berlin.
Erste Erfahrungen mit der elektronischen Gesundheitskarte im Flensburger Modellprojekt wurden vom Internet-Forum Facharzt.de veröffentlicht. In einem Interview erklärte der Kardiologe Martin Hinrichsen, dass niedergelassene Ärzte kaum einen Nutzen von der Karte haben würden. So dauere die Ersterfassung der Daten für die elektronische Gesundheitskarte pro Patient 25 Minuten. "Das Abspeichern neuer Daten auf der Karte dauert relativ lange. Wenn nun alle Patienten mit so einer Karte kommen, wird das problematisch", so Hinrichsen gegenüber dem Internet-Forum.
Zur elektronischen Gesundheitskarte und der Reform des Gesundheitswesens siehe auch:
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- Im Namen der Daten, Artikel zur Unterschriftenaktion von Ärzten gegen die elektronische Gesundheitskarte in Telepolis
- Im Auge des Sturms
- Risikopatient, Die Gesundheitskarte, ein gigantisches IT-Projekt -- wird es zur "Maut II"?, c't 15/04, S. 94
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(Detlef Borchers) / (thl)