UMTS-Radio soll die Netze beleben

Philosophie und Abrechnungsmodelle bei neuen Radio- und TV-Angeboten sind unterschiedlich, der Hintergrund ist aber stets derselbe: Die UMTS-Netze sind leer und langweilen sich.

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Mit einem eigenen UMTS-Radioprogramm namens LoungeFM versucht der österreichische Mobilfunk-Netzbetreiber One Verkehr in sein 3G-Netz zu bringen. Konkurrent Mobilkom Austria setzt mit der Radiozone auf die Verbreitung des Programms klassischer Radiosender aus verschiedenen Ländern. 3 wiederum meint: "mobiles Radio war gestern" -- und streamt vier TV-Programme. Philosophie und Abrechnungsmodelle sind unterschiedlich, der Hintergrund ist aber stets derselbe: Die UMTS-Netze sind leer und langweilen sich.

Mit der Ladezone hatte die E.On-Tochter One im Oktober als erster Mobilfunker der Welt ein Portal für den Download kompletter Songs gestartet. Beim offiziellen Start von LoungeFM Donnerstagabend in Wien nahm Unternehmenssprecher Florian Pollack darauf Bezug: "Wir bieten bereits Musikdownloads zum Preis von 1,90 Euro je Song. Sie werden sagen, dass das sauteuer ist, und das zu Recht. Wir würden das gerne billiger anbieten, aber die Labels lassen uns nicht." Der Abschluss der Verträge mit den Urheberrechtsverwertungsagenturen für einen werbefreien Stereo-Stream mit 50 kBit/s gestaltete sich vergleichsweise einfach. Anders als der Name "LoungeFM" vermuten lässt, ist das aus Lounge- und Chillout-Musik und nur wenigen Wortbeiträgen zusammengestellte Programm nicht im Äther zu hören, auch einen Webstream sucht man vergeblich. Nur One-UMTS-Kunden mit einem Nokia 6630 oder 6680 können derzeit gratis zuhören (rtps://radio.one.at/LoungeFM), wenn sie sich im UMTS-Netz bewegen. Den verwendeten Codec will der Anbieter nicht verraten, als Player dient die auf den Handys installierte Real-Software, die keine Aufnahmefunktion hat.

Wenn alle Kinderkrankheiten des Dienstes auskuriert sind, möchte One eine monatliche Flatrate für den Zugriff auf das Programm verrechnen. Dies dürfte ab September oder Oktober der Fall sein und mit einem Betrag zwischen 5 und 10 Euro zu Buche schlagen. Bei Erfolg sind weitere Kanäle wahrscheinlich. Später, wenn es mehr kompatible Endgeräte und ein Wiedergabeprogramm mit entsprechendem Feature gibt, soll der Download eines gerade laufenden Musikstückes per Click ermöglicht werden. Eventuell wird es auch visuelle Informationen zum Gehörten geben. "Aber der Hörer soll nie das Gefühl haben, etwas zu versäumen, wenn er nicht hinsieht", betonte Pollack, "das Handy ist ein Audiodevice und kein Videogerät". Eine Netzüberlastung ist derweil nicht zu befürchten. Alleine in Wien könnten sich nach Angabe von One 28.000 User gleichzeitig in den Stream einklinken. Der Netzbetreiber zählt bundesweit aber erst 20.000 UMTS-Kunden.

Ebenfalls diese Woche eröffnete Mobilkom Austria ihre Radiozone. Gut 80 klassische Radiosender aus verschiedenen Ländern werden mit durchschnittlich 21 kBit/s über UMTS, GPRS oder EDGE zu Kunden gestreamt, die eines von sieben Nokia-Modellen mit Real-Player oder ein Samsung Z500V einsetzen. Abgerechnet wird nach der übertragenen Datenmenge, was je nach Datentarif zwischen 1 Cent (Mobiles Breitband) und 3 Euro (Prepaid) pro Minute ergibt. Gratis ist das Zuhören im Internet, wobei die Streams mit 21 bis 256 kBit/s daherkommen, bei einem Kurztest von heise online aber nicht immer reibungslos funktionierten. Als Teil des Vodafone-Live!-Portals sind überdies die Nachrichtenfernsehprogramme CNN, BBC World News und Euronews als Live-Streams via UMTS verfügbar.

Seit Oktober 2004 bietet der nach Eigendefinition "erste einzig reine Mobile Multi Media Anbieter" 3 seinen Kunden TV-Live-Streams. Waren zunächst die normalen Spartensender EuroNews und fashion.tv am 3Mobile -- so nennt 3 die UMTS-Handys -- zu empfangen, sind nunmehr Mitte Juni die speziell als Mobile-TV produzierten Kanäle UrbanTV und 3Extreme hinzugekommen. Aufgrund unlösbarer Probleme mit den Rechten an klassischen TV-Inhalten musste 3 selbst zum Produzenten werden, um sein TV-Angebot ausbauen zu können. 3Extreme zeigt "Action-Sportarten, Lifestyle-Berichte, Comedy und vieles mehr". UrbanTV wird in Kooperation mit Universal Music produziert und bringt Musikvideos (auch von Sony-BMG und EMI), Interviews und Hintergrundberichte. Das "Fernsehen" am 3Mobile kostet maximal 29 Cent pro Minute und ist nur im UMTS-Netz von 3 möglich. Für UrbanTV ist auch eine 24-Stunden-Pauschale für 1,99 Euro erhältlich. Wer diese auch nur halbwegs ausnutzen möchte, sollte sich aber nicht zu weit von Steckdose und Ladegerät entfernen. (Daniel AJ Sokolov) / (jk)