Drohender Markenverlust beunruhigt tele.ring-Kunden

Die wahrscheinliche Übernahme von tele.ring durch T-Mobile verunsichert nicht nur Mitarbeiter, sondern auch viele Kunden des österreichischen Mobilfunk-Anbieters.

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Die wahrscheinliche Übernahme von tele.ring durch T-Mobile Österreich verunsichert nicht nur Mitarbeiter, sondern auch viele Kunden von tele.ring. Einschlägige Online-Foren sind voll mit ablehnenden Kommentaren. Neben der Angst vor Preiserhöhungen spielen vor allem emotionale Befindlichkeiten eine Rolle: Trotz aller Bemühungen um "Internationalisierung" wird T-Mobile in Österreich nach wie vor als "deutsch" wahrgenommen. Mitarbeiter beider Unternehmen fürchten um ihre Jobs: Auch mit dem im Februar erfolgten Abbau von 130 Mitarbeitern gilt T-Mobile immer noch als personell übersetzt -- nun sollen noch rund 600 tele.ring-Mitarbeiter hinzukommen. Das Schweigen des sonst für offensive Kommunikation bekannten tele.ring-Chefs Michael Krammer -- früher selbst bei T-Mobile tätig -- kann als Indiz für die Stichhaltigkeit der Übernahmegerüchte gewertet werden.

Die im April 2002 erfolgte Einstellung der österreichischen Marke max.mobil hat dem nunmehr magentafarbenen Netzbetreiber nicht gut getan. Viele zuvor loyale Kunden wandten sich von dem Anbieter ab, der Marktanteil rutschte von etwa 35 auf aktuell zirka 23 Prozent. Auch die Motivation der Belegschaft litt. Eine Zeit lang war eine von max.mobil-Usern gestaltete Website "lebenohnemax.com" (nicht mehr online) populär, die den jahrelang geübten Slogan "Was wär' das Leben ohne max?" in ein sentimentales "So ist das Leben ohne max" umkehrte.

Die Konkurrenten reagierten relativ spät auf die tele.ring-Preisoffensiven und senkten ebenfalls ihre Tarife. Dies reduzierte deren Margen, verlangsamte das tele.ring-Wachstum aber nur zwischenzeitlich. Seit dem Start des "Formel 10"-Tarifs ist tele.ring wieder Wachstumsführer, die Zahl der Mobilfunkkunden hätte im laufenden Quartal die Millionenmarke überschritten. Bei den Postpaid-Kundenzahlen dürfte der insgesamt viertgrößte Anbieter tele.ring den dritten One bereits ueberholt haben. Der Aufkauf wäre zwar ein möglicher Ansatzpunkt für Auflagen der Kartellbehörden, doch die österreichischen Wettbewerbshüter sind in der Vergangenheit nicht gerade durch Strenge im Telekommunikationsbereich aufgefallen. Von den erwarteten Auflagen der Regulierungsbehoerde, Frequenznutzungsrechte betreffend, werden die Kunden nichts unmittelbar merken.

Tele.ring ist heute eine der stärksten Marken Österreichs; von den Mobilfunkern konnte nur Mobilkom Austria mithalten. Trotzdem dürfte T-Mobile nach max.mobil auch die Marke tele.ring einstellen. "Die T-Mobile-Linie stellt eine drastische Antithese zum von tele.ring eingeschlagenen Weg dar", meint die Wiener Wirtschaftspsychologin Marion Kern, "das zeigt sich bereits an der Gestaltung der aktuellen Werbelinien der beiden Firmen."

Nicht jeder mag die presswürstigen tele.ring-"Speckmännchen" als Werbeträger, aber deren Bekanntheit liegt in der Zielgruppe bei fast 100 Prozent. Eine Strategie mit zwei Marken, eine für Businesskunden und eine für preissensible Privatuser, wird zwar von anderen Mobilfunkern im In- und Ausland erfolgreich vorgelebt, bei der nüchternen Deutschen Telekom sucht man solche Beispiele aber vergeblich.

Den Rückkauf der seit der max.mobil-Einstellung verlorenen Marktanteile lässt sich T-Mobile offenbar 1,3 Milliarden Euro kosten. Nur unerheblich mehr hatte die zunächst mit 25 Prozent beteiligte Deutsche Telekom aufwenden müssen, um die anderen max.mobil-Teilhaber auszukaufen. "Da sich viele Kunden mit den von ihnen gekauften Produkten identifizieren -- und zum Teil die Marke ja auch ein Kaufargument ist -- bewirkt ein Markenwechsel, auf den die Konsumenten keinen Einfluss haben, eine Art 'Persönlichkeitsverlust'. Das kann natürlich Abwanderung bewirken, selbst wenn Rahmenbedingungen wie etwa die Tarife unverändert bleiben", erklärt Kern. Daniel AJ Sokolov (cm)