Sanierung der Siemens-Krisensparten ist ein Wettlauf gegen die Zeit

Siemens-Chef Klaus Kleinfeld will dafür sorgen, dass alle Unternehmensteile innerhalb der nächsten 18 bis 24 Monate auf Linie sind. Angesichts unterschiedlicher Konjunkturzyklen und struktureller Probleme ein ehrgeiziges Unterfangen.

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Von
  • Axel Höpner
  • dpa

Für Siemens-Chef Klaus Kleinfeld ist die Sanierung der Krisensparten von Deutschlands größtem Elektrokonzern ein Wettlauf gegen die Zeit. "Ich stehe persönlich dafür ein, dass alle Unternehmensteile innerhalb der nächsten 18 bis 24 Monate auf Linie sind", hatte der neue Konzernchef im April in Lissabon verkündet. Alle Bereiche sollten dann die strengen Renditeziele erreichen -- angesichts unterschiedlicher Konjunkturzyklen und struktureller Probleme ein ehrgeiziges Unterfangen. Seither sind bereits einige Monate ins Land gegangen. Auch nach einer Krisensitzung des Siemens- Zentralvorstands wurde nun aber noch keine umfassende Lösung für die verbliebenen Problemsparten verkündet.

Kleinfeld hatte Anfang des Jahres kein leichtes Erbe angetreten. Schon unter seinem Vorgänger Heinrich von Pierer hatten mehrere Sparten immer wieder die Renditeziele verfehlt. Pierer führt heute den Aufsichtsrat von Siemens. Heute wurde er zudem offiziell als Wirtschaftsberater von der CDU/CSU-Kanzlerkandidatin Angela Merkel vorgestellt. Die SPD kritisierte, Pierer habe "unglaubliche Probleme" bei Siemens hinterlassen.

In den vergangenen Tagen hatte Siemens bereits die Erwartungen an das Vorstandstreffen gedämpft. "Ich hatte daher auch nicht mit wahnsinnig viel gerechnet", sagte Frank Rotauge, Siemens-Experte bei Sal. Oppenheim. Man müsse sich wohl auf mehrere kleine Schritte einstellen und solle nicht auf einen weiteren Befreiungsschlag spekulieren. Kleinfeld hatte in einem spektakulären Schritt das defizitäre Handygeschäft komplett an den taiwanesischen BenQ-Konzern abgegeben. Einen Kaufpreis gab es nicht, vielmehr musste Siemens den Taiwanern noch Geld mitgeben. "Die Geschichte mit den Mobiltelefonen war eine gigantische Kapitalvernichtung", sagt Rotauge.

Zumindest aber ist Siemens damit einen Verlustbringer auf einen Schlag losgeworden. Gleich eine Reihe weiterer Bereiche liegt aber deutlich unterhalb der Renditeziele oder macht sogar Verluste. Der Siemens-Zentralvorstand ließ sich am Montag unter anderem über die Lage und die geplanten Maßnahmen bei dem IT-Dienstleister SBS (vergangenes Quartal 109 Millionen Euro Verlust), in der Kommunikationssparte Com (minus 70 Mio) und in der Logistiksparte L&A (minus 49 Mio) informieren. Zum Inhalt der Diskussion, die sich bis in den späten Abend hinzog, wollte sich der Konzern nicht äußern. Das Unternehmen ließ auch offen, wann die zukünftige Strategie für die Problembereiche vorgestellt werden soll.

Der Handy-Verkauf wird wohl kaum Vorbild für andere Sparten sein. Am ehesten interessant für Wettbewerber sei SBS, vermutet ein Branchenexperte. Dieser könne insbesondere die hausinternen Umsätze mit Siemens in eine Partnerschaft mit einem Konkurrenten einbringen, sagt ein Branchenkenner. In der Branche stehe ohnehin eine Konsolidierung an. Bei Com dagegen steht das Geschäft mit Firmenkunden (Enterprise) laut Branchenspekulationen möglicherweise zur Disposition. Im Gegenzug könnte sich Com im Geschäft mit Festnetzbetreibern selbst verstärken. Allerdings gelten Zukäufe in der Telekommunikationsbranche als riskant. Für L&A bringt Analyst Rotauge eine Aufspaltung ins Gespräch. Die einzelnen Bestandteile der Sparte hätten nur wenig miteinander zu tun. Attraktives Geschäft könne in andere Siemens-Bereiche integriert, der Rest abgestoßen werden.

Ob Kleinfeld tatsächlich persönliche Konsequenzen zieht, falls in eineinhalb Jahren nicht allen Siemens-Bereichen eine Punktlandung im Zielkorridor gelingt, wird in der Branche bezweifelt. "Auch am Kapitalmarkt wäre keiner böse, wenn man nicht alle Margenziele exakt erreicht", sagt Analyst Rotauge. "So richtig ernst genommen hat das keiner." Kleinfeld selbst hat die Haftung ohnehin schon einmal ausgeweitet. Bisher hatte er gesagt, er stehe persönlich für das Versprechen ein. In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung betonte er vor kurzem, dass auch seine Vorstandskollegen mit im Boot sitzen: "Der Zentralvorstand hat sich geschlossen entschieden, die Margenziele bis 2007 zu erreichen." (Axel Höpner, dpa) (anw)