Allgegenwärtige Infotechnik vs. informationelle Selbstbestimmung?

Zeit.de und Humboldt-Uni starten eine Online-Umfrage zu den Auswirkungen, die Data Mining mittels Kundenkarten, Ubiquitous Computing oder RFID auf die Privatsphäre haben.

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Die Wochenzeitung Die Zeit hat gemeinsam mit der Berliner Humboldt-Universität eine Online-Umfrage zu den Auswirkungen von Ubiquitous Computing, RFID, Data Mining mit Kundenkarten und Scoring auf die Privatsphäre gestartet. Die Erhebung soll Erkenntnisse für das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und das Projekt Taucis (Technikfolgen-Abschätzung Ubiquitäres Computing und Informationelle Selbstbestimmung) bringen, welches das Institut für Wirtschaftsinformatik der Uni gemeinsam mit dem Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz in Schleswig-Holstein durchführt. Ein Schwerpunkt von Taucis stellt die Frage dar, inwieweit die in immer mehr Lebensbereiche eindringende, allgegenwärtig werdende Informationstechnik die (informationelle) Selbstbestimmung des Menschen einschränkt und inwiefern sich die Bürger eine Gängelung durch die Maschinen gefallen lassen.

Die Vision des sensorengesteuerten Ubiquitous oder Pervasive Computing bezieht sich laut der an Taucis beteiligten Forscherin Sarah Spiekermann vor allem darauf, dass "Objekte in Zukunft automatisch beziehungsweise von sich aus ihre Umwelt erkennen und dann darauf reagieren sollen". Als Beispiel führt sie in einem Interview mit der Zeit ein Auto an, "welches sich selbst wartet und bei Erkennung von Mängeln automatisch die Werkstatt kontaktiert oder zumindest den Besitzer warnt". Die Wissenschaftlerin erinnert zudem an das bereits häufig bemühte Szenario des intelligenten Kühlschranks, "der erkennt, welche Produkte in ihm stehen, und von sich aus Ersatz nachbestellt".

Nützlich für die Verbraucher sieht Spiekermann angesichts der Verchippung von Alltagsgegenständen die sich daraus potenziell ergebende Zeitersparnis und eine ausführlichere Informationen über Produkte. Sie hält es aber auch für möglich, dass die ubiquitäre Computertechnik die Nutzer an vielen Fronten einschränkt und hat in diesem Zusammenhang vor einem "technologischen Paternalismus" gewarnt. Als Beispiel nennt sie etwa die Anschnallwarnungen in modernen Autos, bei der die Technik mit lautem Piepsen den Fahrer mehr oder weniger zum Anlegen des Sicherheitsgurtes zwingt.

In der Umfrage selbst, für deren Beantwortung man gut 20 Minuten einplanen sollte, werden den Interessierten hauptsächlich Szenarien aus der kommenden Welt des allgegenwärtigen Rechnereinsatzes zur Bewertung vorgelegt. Dabei geht es etwa um die Bewertung von Sinn und Zweck eines elektronischen Einkaufszettels mit automatischen Nachbestellungsfunktionen am Kühlschrank oder um die Durchsetzung einer automatischen Geschwindigkeitsbegrenzung im Autoverkehr. Dazu kommen allgemeine Fragen zum Datenschutz und zum Stand der Überwachungsgesellschaft. Die Teilnehmer sollen etwa schätzen, wie viele Videokameras in Großbritannien bereits im öffentlichen Raum installiert sind oder wie viele Menschen in einem Jahr von Telefonüberwachung betroffen sind. Auch mögliche Folgen des Einsatzes von Kundenkarten oder von Scoring-Ausleseverfahren am Beispiel von unterschiedlichen Wartezeiten in Telefon-Hotlines sollen beurteilt werden. Unter den Teilnehmern werden eine Wochenendreise nach Paris, iPods sowie Jahresabos verlost. (Stefan Krempl) / (jk)