Make .love not .xxx
Das niederländische Unternehmen UnifiedRoot verspricht seinen Kunden ein neues Internet-Adressierungssystem.
In regelmäßigen Abständen steht jemand auf und verkündet, dass er das Domain Name System neu erfunden habe und daher neue Adressen (etwa unter new.net) anbieten könne. Jetzt nimmt das niederländische Unternehmen UnifiedRoot seinen Anlauf dazu und verspricht gleich ganze Adressräume. Laut einer Pressemitteilung kann man bei UnifiedRoot statt company.com gleich .company (oder auch .heiseticker) zur Registrierung anmelden. Man habe damit "ein neues, einfacheres Internet-Adressierungssystem geschaffen, das die Registrierung logischerer und leichter merkbarer Netzadressen erlaubt", so das Unternehmen.
Ganz billig ist die eigene Adresszone natürlich nicht. Für stolze 1000 Dollar Anmeldegebühr sollen sich Unternehmen aber laut Erik Seeboldt, dem geschäftsführenden Direktor von UnifiedRoot, von der Sorge befreien können, wie sie ihren Markennamen in verschiedenen Adresszonen besetzen und nutzen können. Außerdem erlaube die neue Struktur, Second-Level-Namen in eigener Regie zu verwalten. Rund 2500 Adresszonen hat man laut eigenen Angaben schon anerkannt. Sie lassen sich, so versichert das Unternehmen, über die eigenen 13 Rootserver ebenso adressieren wie die klassischen Adressen, die innerhalb des Systems der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) registriert sind. Eine Reihe von ISPs wie Tiscali tun dies bereits, heißt es bei UnifiedRoot.
Mit diesem Hinweis hat UnifiedRoot auch offenbart, dass man auf das gescheiterte Konzept von UNIDT beziehungsweise der Public Root aufbaut. Seeboldt bestätigte das im Interview mit Reuters. UnifiedRoot hat demzufolge unter anderem den Client von UNIDT gekauft. Das Problem bei UNIDT sei die Zusammenwürfelung von 13 Betreibern für die eigenen alternativen Rootserver gewesen, so UNIDT Gründer Marty van Veluw. UnifiedRoots hat nun eigene Rootserver aufgestellt, alternative Rootserver zu den alternativen Rootservern sozusagen.
Einem Posting auf der Mailingliste der North American Operators Group zufolge hatte es beim Public Root erhebliche Konnektivitätsprobleme gegeben, darunter eine Spaltung des Public-Root-Netzes nach dem Test der türkischen UNIDT-Fraktion.
DNS-Experten wie BIND-Guru Paul Vixie haben in der Vergangenheit immer wieder vor der Mehrzahl der "Alternativen" gewarnt. "Public Root ist eine Bande von Piraten", sagte Vixie vor einiger Zeit auf Anfrage von heise online. "Durch die gezielte Namenswahl für ihre Domains und Projekte versuchen sie ahnungslose Nutzer glauben zu machen, dass ihr Projekt auch tatsächlich von jemandem im realen Leben unterstützt wird." Auch die Fortführung von UNIDT durch UnifiedRoot dürfte also wieder für einige Diskussionen sorgen.
Die Macher versuchen auf der anderen Seite, den Streit um die Internetaufsicht beim Weltgipfel der Informationsgesellschaft für sich mit in die Waage zu werfen. "Die bestehende Struktur von Internetadressen", so Seeboldt in der Pressemitteilung, "ist Gegenstand intensiver Kritik und ein neues Adressierungssystem daher nicht zu vermeiden, wenn das Internet sich weiterentwickeln soll." Warum, fragte am Wochenende schon jemand auf einer Mailingliste, soll man nicht .love einführen anstelle von wenig erfreulichen Zonen wie .xxx, mit deren Zulassung sich ICANN derzeit herumschlägt.
ICANN hat allerdings die verschiedenen "Alternativen" recht gut überstanden. Sollte es "der Welt" tatsächlich einmal zu dumm werden, könnte sich wohl eher das als komplett ICANN-konforme Alternative gestartete Open Root Server Network empfehlen, dem auch Experten wie Vixie ihren Segen gegeben haben. (Monika Ermert) / (hos)