EU-Kommission stellt ambitionierten Aktionsplan zum E-Government auf

Im Rahmen der i2010-Initiative will Brüssel die Verwaltungen in den Mitgliedsstaaten endgültig auf Online-Trab bringen, E-Vergabe und demokratische Beteiligung stärken sowie hunderte Milliarden Euro einsparen.

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Im Rahmen ihrer i2010-Initiative will die EU-Kommission die Verwaltungen in den 25 EU-Mitgliedsstaaten auf Online-Trab bringen, die E-Vergabe und die demokratische Beteiligung stärken sowie jährlich bis zu 300 Milliarden Euro einsparen. Mit diesen ehrgeizigen Zielen wartet der diese Woche in Brüssel vorgestellte E-Government-Aktionsplan (PDF-Datei) für die Union auf. Er soll die "beschleunigte Einführung elektronischer Behördendienste in Europa zum Nutzen aller" vorantreiben. Die ersten Ergebnisse der EU-weiten Investitionen in digitale Rathäuser und Amtsstuben seien in den letzten Jahren allmählich sichtbar geworden, erklärte Viviane Reding, die für die Informationsgesellschaft zuständige EU-Kommissarin. "Wir müssen uns allerdings stärker bemühen, voneinander zu lernen und wirkliche Größenvorteile zu erzielen, indem wir diesseits und jenseits der Grenzen nach gemeinsamen Konzepten vorgehen".

Elektronische Behördendienste sind laut der Kommissarin ein "wichtiges, sehr konkretes Instrument des Staates zur Modernisierung der öffentlichen Verwaltungen in Europa geworden". E-Government-Initiativen haben ihr zufolge in einigen Mitgliedstaaten bereits zu erheblichen Verbesserungen geführt. Durch die elektronische Vergabe öffentlicher Aufträge hätten etwa in Italien 2003 bereits 3,2 Milliarden Euro eingespart werden können. Der Aktionsplan geht insgesamt davon aus, dass allein bei uneingeschränkter EU-weiter Einführung der elektronischen Vergabe öffentlicher Aufträge sich bis zu 80 Milliarden Euro pro Jahr einsparen lassen. Deutschland liegt in diesem Bereich noch weit zurück.

Konkret umfasst die 13-seitige Handlungsaufforderung fünf Bereiche, die laut Kommission bis 2010 vordringlich angepackt werden müssen. Zum einen soll erreicht werden, dass bis 2010 tatsächlich "allen Bürgern vertrauenswürdige, innovative Dienste mit einfachem Zugang zur Verfügung stehen". Die Kommission will daher die viel beschworene digitale Kluft schließen und allen "unabhängig von Geschlecht, Alter, Staatsangehörigkeit, Einkommen oder Behinderung Zugang zu einem breiten Spektrum von Technologien wie Digitalfernsehen, PCs und Mobiltelefonen" verschaffen. Elektronische Behördendienste würden nur einen wirklichen Fortschritt bedeuten, wenn jeder sie nutzen kann.

Zweitens drängt die Kommission darauf, dass die Mitgliedsstaaten mit Informations- und Kommunikationstechnologien die Effizienz ihrer Verwaltungsangebote deutlich erhöhen. Die Kosten des über Steuern finanzierten Staats- und Verwaltungsapparats würden sich bislang noch auf 45 Prozent des Bruttoinlandprodukts belaufen. Großbritannien habe es aber mit der technisch unterstützten Umgestaltung des Altersversorgesystems schon geschafft, 50 Prozent des Verwaltungspersonals für neue Aufgaben einsetzen zu können. Der Aktionsplan vermeidet hier die Erwähnung von Rationalisierungspotenzialen, sondern spricht vielmehr davon, dass die "eingesparten" Beschäftigten etwa die persönliche Beantwortung von Fragen der Betroffenen übernehmen würden. Kommission und Mitgliedstaaten wollen nun ein Benchmarking-System "zur vergleichenden Bewertung der Auswirkungen elektronischer Behördendienste" einführen, damit dieser Prozess an Fahrt gewinnt.

Weiter liegt der Kommission eine deutliche Verbesserung der E-Vergabe am Herzen, da öffentliche Aufträge mit einem Gesamtwert von rund 1,5 Billionen Euro pro Jahr in der EU etwa 15 Prozent des Bruttoinlandprodukts entsprechen. Die Mitgliedstaaten haben sich verpflichtet, bis 2010 die elektronische Ausschreibungen in allen Fällen zu ermöglichen und in mindestens der Hälfte aller Fälle auch wirklich anzuwenden. Im Aktionsplan werden praktischen Schritte festgelegt, die für solche umfangreiche öffentliche grenzüberschreitende Pilotaufträge und die rein elektronische Bearbeitung von Firmenunterlagen in Form elektronische Unternehmensakten erforderlich sind.

Die Sicherheit der angebotenen Dienste ist ein anderer Schwerpunkt. Die EU-Staaten haben sich darauf geeinigt, das Reisen und den Umzug ihrer Bürger durch die Einrichtung sicherer Systeme für die gegenseitige Anerkennung nationaler elektronischer Identitäten für die Internetauftritte und Dienste der öffentlichen Verwaltungen zu erleichtern. Die Kommission will dazu beitragen, indem sie "umfangreiche grenzüberschreitende Demonstrationsprojekte" unterstützt. Zugleich verpflichtet sich die Behörde, im Jahr 2007 gemeinsame Spezifikationen für die Verwaltung elektronischer Identitäten aufzustellen und im Jahr 2009 die Vorschriften für elektronische Signaturen zu überprüfen. Ferner will die Kommission die Interoperabilität der E-Government-Systeme sichern und auf offene Standards, Spezifikationen und Schnittstellen pochen.

Zu guter Letzt betont der Plan die Bedeutung der E-Demokratie. Er verweist darauf, dass 65 Prozent aller Beiträge zur öffentlichen Konsultation der Kommission über elektronische Behördendienste die Meinung vertreten hätten, dass politische Online-Projekte helfen könnten, Europas demokratisches Defizit abzubauen. Über ein allgemeines Versprechen, mithilfe der Online-Technik die "Transparenz der europäischen Organe wie auch die Einbeziehung der Bürger zu fördern", geht das Programm an diesem Punkt aber nicht hinaus. (Stefan Krempl) / (jk)