Schwerbehinderte haben Recht auf kostenlosen Internet-Zugang

Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat im Sinne eines schwerbehinderten Sozialhilfeempfängers entschieden, der die Kostenübernahme für einen Internet-Anschluss nebst monatlicher Nutzungsgebühr eingeklagt hatte. Noch ist das Urteil aber nicht rechtskräftig.

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Von
  • Ekkehard Jänicke

Für Schwerbehinderte ist das Internet mitunter das Tor zur Welt: Über das Web können sie Beziehungen zur Umwelt herstellen oder pflegen, und sie können so zumindest teilweise am "Leben in der Gemeinschaft" teilnehmen. Bereits seit Jahren fordern Schwerbehinderte, die meist über kein eigenes Einkommen verfügen und daher auf Sozialhilfe angewiesen sind, deshalb einen Netzzugang ohne Gebühr. Im Februar 2006 urteilte das Verwaltungsgericht Stuttgart schließlich im Sinne eines schwerbehinderten Sozialhilfeempfängers, der die Übernahme der Kosten eines Internet-Anschlusses nebst monatlicher Nutzungsgebühr durch den zuständigen Landkreis eingeklagt hatte.

Der Kläger, ein gelernter Einzelhandelskaufmann, leidet seit einem Autounfall im Jahr 2000 an Lähmungen mit Sturzgefahr und geht deshalb kaum außer Haus. Mit einem Grad der Behinderung von 80 Prozent ist er derzeit schwer körperlich behindert. Ende 2003 beantragte er beim Landkreis die Erstattung bereits angefallener Internet-Kosten als Hilfe zur Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft. Das Internet nutzte er eigenen Angaben zufolge insbesondere zu Informationszwecken sowie zum E-Mail-Verkehr mit seinen Familienangehörigen, die teilweise in Übersee leben.

Der Landkreis lehnte die Übernahme der Internet-Kosten jedoch mit der Begündung ab, dass als Eingliederungshilfe immer nur ein behinderungsbedingter Mehraufwand bewilligbar sei. Das Gericht argumentierte hingegen, das Internet sei heute ohne Zweifel ein geeignetes Mittel im Sinne der Eingliederungshilfe für dauerhaft Schwerbehinderte. Von dieser gesellschaftlichen Entwicklung dürften schwerbehinderte Sozialhilfeempfänger nicht dauerhaft abgekoppelt werden, weshalb sie einen Anspruch auf Übernahme der – günstigsten – Kosten eines Internet-Anschlusses nebst monatlicher Nutzungsgebühr für 30 Internet-Stunden hätten (Az.: 12 K 5442/04).

Nach den Regelungen des Bundessozialhilfegesetzes sei Personen, die – wie der Kläger – nicht nur vorübergehend körperlich, geistig oder seelisch wesentlich behindert sind, Eingliederungshilfe zu gewähren. Aufgabe der Eingliederungshilfe sei, eine vorhandene Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und den Behinderten in die Gesellschaft einzugliedern. Rechtskräftig ist das Urteil indes noch nicht, weil beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg ein Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt wurde. Über diesen sei bislang aber noch nicht entschieden worden, erklärte Raphael Epe, Richter am Verwaltungsgericht Stuttgart, gegenüber heise online. (Ekkehard Jänicke) / (pmz)