Wimax-Branchentreff in Wien

Mehr als 40 Firmen präsentieren Produkte für feste und mobile Breitband-Funknetze. Ihre Kunden, die Provider, reagieren auf die fällige Systementscheidung indes mit verhaltener Skepsis.

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Die internationale Wimax-Branche trifft sich derzeit zur Konferenzmesse Wimax World Europe in Wien. Die Veranstaltung ist geprägt von zahlreichen "Erstlingen" – fast jeder Aussteller ist darauf erpicht, mit einer technischen Errungenschaft Erster zu sein. Der Jubelstimmung der Lieferanten steht eine gewisse Skepsis potenzieller Kunden gegenüber.

So manch möglicher Wimax-Netzbetreiber weiß noch nicht, für welche Variante er sich entscheiden soll: Infrage kommen der klassische Wimax-Standard (IEEE 802.16d-2004) für Festinstallationen als DSL-Ersatz sowie die Version für mobile Clients (IEEE 802.16e-2005). Obendrein gibt es zahlreiche proprietäre Angebote, die oft durch Bezeichnungen wie "Pre-Wimax" oder "Wimax ready" auffallen. Noch dazu muss auch das passende unlizenzierte Frequenzspektrum ausgewählt oder von einer Regulierungsbehörde lizenziert werden.

Der kanadische Hersteller Redline Communications ist stolz darauf, als erster und nach eigenen Angaben bisher einziger Lieferant eine vom Wimax Forum zertifizierte Komplettlösung mit Fixed-Basisstationen und -Endgeräten anzubieten, die mit Chips von Wavesat Wireless funken (802.16d). Bereits 40 zertifizierte Systeme hat Redline nach eigenen Angaben ausgeliefert. Tatsächlich haben erst neun Unternehmen überhaupt etwas zertifiziert und damit die Interoperabilität ihrer Produkte mit jenen von Dritten unter Beweis gestellt. So offeriert Wavesat Wireless den angeblich ersten und einzigen Wimax-Adapter im Mini-PCI-Format für Notebooks. Bald sollen USB-Dongles und PCI-Express-Karten folgen. Gemeinsam bewerkstelligen Redline und Wavesat auch Softhandover: Dabei bricht die Verbindung beim Funkzellenwechsel zwar kurz ab, wird aber softwaregesteuert ohne User-Interaktion sofort wieder aufgebaut.

Alvarion ist derweil der erste Anbieter, der bei Mobile Wimax (802.16e) nahtloses Handover von einer Zelle zur nächsten demonstriert hat. Dass seinerzeit die Basisstationen und nicht das Endgerät bewegt wurden, sei durch die Platzverhältnisse auf der CTIA Wireless in Las Vegas bedingt gewesen. Das israelische Unternehmen hat nach eigenen Angaben einen Anteil von 40 Prozent am weltweiten Markt für drahtlose Breitbandnetze und 80 Prozent am Wimax-Markt (802.16d). 160 Betreiber in 30 Ländern würden bereits Alvarion-Produkte einsetzen oder testen. Dazu zählen Wimax Telecom in Österreich und der Slowakei (zusammen 3000 Kunden) sowie die spanische Iberbanda, die mit rund 800 Basisstationen mehrere zehntausend Nutzer versorgen soll. Die T-Com erprobt in Enzen und Berg bei Bonn Alvarion-Infrastruktur. Zum Jahresende möchte der Hersteller die ersten Mobile-Wimax-Netze (802.16e) ausliefern; Zertifizierungen beim Wimax-Forum sind geplant.

Motorola kann sich indes für Wimax fixed nicht erwärmen und lässt auf sein proprietäres Canopy-Portfolio gleich eine Mobile-Entwicklung folgen. Ein solches Netz wird ab dem zweiten Halbjahr von Wateen Telecom in Pakistan errichtet, die dortige Installation gilt zurzeit als weltweit größte. Navini meldet die kommerzielle Auslieferung der ersten Dual-Mode-Basisstationen. Gemeint ist damit proprietäre Technik, die später mittels Software-Update auf 802.16e aktualisiert werden kann. Navini zählt über 50 Netzbetreiber auf sechs Kontinenten zu seinen Kunden. Beceem Communications betont nach wie vor, den einzigen kommerziell verfügbaren 802.16e-Chipsatz für Endgeräte zu haben. Altera und Sequans zeigen gemeinsam Bausteine, die nach eigener Darstellung der erste Chipsatz für 802.16e-Basistationen sind.

Unterdessen wächst das Hardware-Angebot auch bei Software Defined Radios: Das belgische Startup AsicAhead hat einen programmierbaren Breitband-Hochfrequenzchip für 802.16e herausgebracht. Der AA1001 weist je vier Sende-/Empfangskanäle auf, die zwischen 700 MHz und 6 GHz funken sowie Kanalbreiten von 200 kHz bis 20 MHz verarbeiten. Der geplante Nachfolger AA1002 soll obendrein auch für andere Funkstandards, etwa GSM oder UMTS, einsetzbar sein. (Daniel AJ Sokolov) / (ea)