Koreanischer Rollenspielbetreiber in den USA wegen Spielerausschlüssen verklagt

NCSOFT wurde in den USA auf die Zahlung von 100 Millionen US-Dollar Schadensersatz verklagt, weil Spielern, die sich über andere Falschspieler beschwert hatten, der Account gekündigt wurde.

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Dass Betreiber von Online-Rollenspielen (MMORPGs) häufig so genannte Cheater ausschließen, also Spieler, die sich nicht an die Geschäftsbedingungen halten und sich durch unerlaubte Tricks und Mogelprogramme einen Vorteil verschaffen, ist nichts Ungewöhnliches. Die koreanische Software-Firma NCSOFT soll jedoch den Spieß umgedreht haben. Beim Online-Rollenspiel Lineage 2 sollen nicht etwa Cheater des virtuellen Feldes verwiesen worden sein. Vielmehr gerieten Spieler, die sich zu sehr über die Mogler beim Hersteller und im offiziellen Forum beschwert haben, ins Visier der Firma.

Laut einer Sammelklage, die am 2. Juni in Los Angeles eingereicht wurde, soll NCSoft dem 28-jährigen US-Amerikaner Brian Durin am 12. März 2006 den Account nach 500 Spielstunden gesperrt haben. Durin schwört, dass er keinerlei Programme oder sonstige unerlaubte Tricks eingesetzt, sondern in Internet-Cafes gespielt habe, auf deren Rechnern dies gar nicht möglich sei. Trotz der Account-Löschung habe NCSoft aber weiterhin die monatlichen Spielgebühren von seiner Kreditkarte abgebucht und auch mehrfache Anfrage weder einen Grund für die Löschung genannt noch zuviel gezahlte Spielgebühren erstattet.

Durin hatte jedoch dutzende Male Online-Petitionen eingereicht und sich über andere Spieler beschwert, die in Lineage 2 so genannte Bot-Programme einsetzen würden, um Ressourcen zu gewinnen, was laut Lizenzvertrag eigentlich verboten ist. Durin ist nicht der einzige Spieler, dem gekündigt wurde; die Klageschrift führt 211 weitere Spieler auf, deren Accounts gelöscht und deren Kreditkarte aber weiterhin belastet wurde.

Als Zeugen verweisen die Kläger auf Ki Sun Lin, der in Süd-Korea im Jahre 2005 als Game-Master für NCSoft gearbeitet hatte. Lin erzählt, dass er während seiner neunmonatigen Tätigkeit insgesamt 2000 Beschwerden über mogelnde Spieler, die Bots einsetzen würden, bekam. Nachdem er neun Accounts deswegen gesperrt hatte, bekam er von seinem Chef die Anweisung, keine weiteren Falschspieler zu sperren, weil sich dann die Einnahmen von NCSoft vermindern würden. Laut Lin würden 30 bis 40 Prozent der Lineage-2-Spieler Bots einsetzen. Lin sollte sich stattdessen um die Nörgler kümmern: "Immer wenn ein Spieler zu viel Wind über Bots oder dergleichen aufwirbelte, sperrten wir seinen Account. Ich dachte, dies sei unfair, aber wir wurden dazu angehalten. Keinem Spieler war es erlaubt, über Bots in den Foren zu sprechen oder andere Spieler zu benennen, die Bots einsetzen. Wenn sich Spieler dauernd beschwerten, sperrten wir sie, weil sie in den Foren auch andere Spieler dazu aufforderten, sich über die Bots zu beschweren. Das konnten wir nicht zulassen." Bei Medienanfragen zum Bot-Problem wurde stets geantwortet "Wir arbeiten daran".

Die Klageschrift führt zahlreiche Fälle auf, in denen Forenbeiträge mit Beschwerden über Bots wenig später gelöscht wurden. Die Kläger fordern neben der Rückzahlung zuviel bezahlter Gebühren einen Schadensersatz in Höhe von 100 Millionen US-Dollar und die sofortige Verfolgung und Sperrung von Spielern, die in Lineage 2 Bots einsetzen. Das Anwaltsbüro von NCsoft hat bisher keinen Kommentar zu der Klage abgegeben. (hag)