Urteil: Arbeitsvermittlung hat Vorrang vor Datenschutzbedenken

Auch der Main-Kinzig-Kreis, der die Verwaltung von Langzeitarbeitslosen nicht mit der Software A2LL erledigt, hat laut einem Urteil des Sozialgerichts Fulda einen Anspruch auf Zugang zum Stellenpool der Bundesagentur für Arbeit.

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Von
  • Detlef Borchers

Das Sozialgericht Fulda hat heute ein Urteil (Az: S9 AS 95/06, PDF) veröffentlicht, das für das Zusammenspiel von Optionskommunen und der Bundesagentur für Arbeit (BA) einige Folgen haben wird. Nach dem Urteil muss die Bundesagentur für den Main-Kinzig-Kreis, der eine Optionskommune ist, einen Zugang zu ihrem Stellenpool gewähren. Bislang hat die BA unter Hinweis auf den Datenschutz allen 69 Optionskommunen einen solchen Zugang zu dem Datenbestand verwehrt, in dem etwa 800.000 Stellenangebote gespeichert sind.

Die so genannten Optionskommunen sind Kommunen, die die Verwaltung von Langzeitarbeitslosen nicht mit der webbasierten Hartz-IV-Software A2LL der Bundesagentur erledigen, sondern auf lokale Programme verschiedener Anbieter zurückgreifen. Dies hatte die Bundesagentur zum Anlass genommen, die entsprechenden Kommunen von der Nutzung des Stellenpools auszuschließen, weil bei der fremden Software nicht gewährleistet sein könne, dass der Datenschutz eingehalten werde. Darum erhielten die Optionskommunen nicht die vollständigen Arbeitgeberdaten. Gegen diese Behinderung hatte der Main-Kinzig-Kreis geklagt.

Das Sozialgericht Fulda befand, dass die Bundesagentur dem Kreis Amtshilfe leisten muss und die vollständigen Arbeitgeberangaben an den Kreis übermitteln muss. Gründe des Datenschutzes könnten von der Bundesagentur nicht angeführt werden, da der Schutz von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen des Arbeitgebers weiterhin gewährleistet sei. Als Sozialleistungsträger sei eine Optionskommune an das Sozialgeheimnis gebunden und dürfe solche Daten nicht unbefugt Dritten offenbaren.

Nach der Entscheidung im Sinne des Main-Kinzig-Kreises, die am 7. August gefällt wurde, hat heute der Kreis Offenbach erklärt, ebenfalls einen ungehinderten Zugang zu der Stellendatenbank erkämpfen zu wollen. "Die Vorstellung, dass Arbeitslose nur deshalb nicht in einen Job kommen, weil dieser bei einer anderen Behörde gemeldet ist, ist der Bevölkerung nicht vermittelbar" erklärte der Offenbacher Sozialdezernent Carsten Müller (SPD) gegenüber der Nachrichtenagentur dpa.

Eine weitere Sozialgerichtsnachricht kommt aus Berlin. Dort hat sich das örtliche Sozialgericht dazu entschlossen, eine Auswahl von rund 200 Entscheidungen und Beschlüssen zu Hartz IV im Internet zu veröffentlichen. Die Veröffentlichung der Entscheidungssammlung erfolge, weil viele Bürger und Behörden immer wieder Anfragen zu den Hartz-IV-Streitpunkten hätten. Urteile zu eheähnlichen Gemeinschaften, zur Vermögensanrechnung und Mietfragen bilden den Schwerpunkt der Sammlung. (Detlef Borchers) / (anw)