IFA

Auf dem Weg zur vollständigen Digitalisierung der Unterhaltungselektronik

Die Wegmarken für den digitalen Wandel in der Unterhaltungselektronik sind weitgehend gelegt. Jetzt gilt es für die Branche, endlich die vollmundigen Versprechen einer besseren, schöneren, bequemeren elektronischen Unterhaltungswelt einzulösen.

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Von
  • Andrej Sokolow
  • dpa

Flache TV-Geräte, hochauflösendes Fernsehen, Kampf um die DVD-Nachfolge, mobile Unterhaltung – die Schwerpunkte der Internationalen Funkausstellung vor einem Jahr sind auch die Themen der diesjährigen. Ein spektakuläres neues Schlagwort für die erste jährliche IFA fehlt, dafür sind die Techniken, von denen schon im vergangenen Jahr jeder sprach, dieses Mal auch weitgehend einsetzbar und können von Verbrauchern als Produkte gekauft werden. Die Wegmarken für den digitalen Wandel in der Unterhaltungselektronik sind aber bereits weitgehend gelegt. Jetzt gilt es für die Branche, endlich die vollmundigen Versprechen einer besseren, schöneren, bequemeren elektronischen Welt mit neuen Geräten bei den Verbrauchern einzulösen. Und das ist schwieriger, als in Messehallen glitzernde Prototypen vorzustellen.

Stände mit mehreren großen Namen sucht man auf der weltgrößten Branchenschau in diesem Jahr vergeblich. Der Sony-Konzern, der im vergangenen Jahr noch eine ganze Halle belegte, stellt diesmal seine Technik lieber im firmeneigenen Gebäude am Potsdamer Platz aus. Für Panasonic, die ARD sowie diverse Unternehmen mit weniger bekannten Namen kam die Entscheidung für die jährliche IFA zu spät, als die Messebudgets für 2006 bereits verplant waren. Insgesamt sind mit 1049 Ausstellern gut 150 weniger dabei als 2005.

Die Veranstalter zeigen sich dennoch zufrieden. "Die internationalen Aussteller tragen das Konzept der jährlichen IFA mit", betont Rainer Hecker, der Aufsichtsratschef der Gesellschaft für Unterhaltungs- und Kommunikationselektronik (gfu). Die Reaktionen aus der Industrie sind hingegen gespalten. Eine jährliche IFA zur jährlichen CeBIT in Hannover sei eine zu hohe Belastung, kritisiert ein ranghoher Manager eines großen Herstellers. "Zu viel, mit den gleichen Produkten, zu hohe Kosten." Dabei sei die IFA an der Beteiligung der Verbraucher gemessen eine "Regionalmesse": "Der Großteil der Laufkundschaft kommt aus der Region Berlin/Brandenburg." Nicht zu unterschätzen sei allerdings ihre Bedeutung als Ordermesse vor allem für kleinere Anbieter. Ähnliche Kritik kommt zum Beispiel auch von Philips. "Es gibt jedes Jahr die CES in Las Vegas, die CeBIT in Hannover und die IFA in Berlin. Das klingt nach zu viel", sagte der Chef der Sparte Unterhaltungselektronik, Rudy Provoost, der Financial Times Deutschland.

Der Fernsehhersteller Loewe – dessen Chef der gfu-Aufsichtsratsvorsitzende Hecker ist – steht jedenfalls zur jährlichen IFA. Sie sei eine "Herausforderung für das Budget, aber auch eine große Chance, da die Innovationszyklen in der CE-Branche deutlich kürzer werden." Der Zeitpunkt im Spätsommer sei optimal, weil der weltgrößte Branchentreff direkt vor dem Saisongeschäft als Ordermesse wichtig sei. Die CeBIT in Hannover mache Loewe dagegen seit fünf oder sechs Jahren nicht mehr mit. Der Mobilfunk-Anbieter O2 entschied sich nach langem Überlegen für die IFA. Das Geschäft entwickele sich immer mehr in Richtung Unterhaltung, sagt Deutschlandchef Rudi Gröger. "Und dafür ist die IFA der richtige Standort."

Auch wenn die Industrie diesmal nicht mit einem ganz neuen Trend auftrumpfen kann, ist es nicht so, dass sich nichts getan hätte seit der IFA 2005. So sind die populären flachen TV-Geräte, die schon damals die Hallen füllten, noch einen Schwung besser geworden – verfeinert wurde die Elektronik, mehr Bildschirme mit voller HD-Auflösung kommen in den Handel. Die Hersteller freuen sich über glänzende Zuwachsraten. Allein der Absatz von LCD-Fernsehern schoss im ersten Halbjahr um 130 Prozent hoch.

Das Problem ist aber nach wie vor, was man mit den hochgetunten Fernsehern sehen kann – bisher senden nur ProSieben und Sat.1 sowie der Bezahlsender Premiere HD-Programme. Und hier erschwerte der von Hollywood durchgesetzte restriktive Kopierschutz (siehe: Feingliedrig, Mit HDTV zur geschlossenen Kopierschutzkette, c't 6/06, S. 148) in einigen Fällen die Verbindung zwischen verschiedenen Geräten. Die hochauflösenden Nachfolger der DVD – die beiden konkurrierenden Formate Blu-ray und HD-DVD – feiern auf der IFA erst ihren Europa-Start, und die Markteinführung in den USA vor einigen Monaten war durch Kinderkrankheiten und anfängliche Zurückhaltung der Kunden geprägt.

Auch die Einführung anderer neuer Techniken gestaltet sich eher schleppend. Beim Handy-TV zieht sich die Vergabe der Sendefrequenzen weiter hin, eine so zugkräftige Starthilfe wie die Fußball-WM in Deutschland wurde mit einigen wenigen Testsendungen praktisch verpasst. Und die Telekom startete ihr viel gefeiertes Internet-Fernsehen IPTV dem Vernehmen nach mit nur einigen Dutzend Kunden – wann sie ihr vollständiges Triple-Play-Angebot über das neue VDSL-Netz tatsächlich starten wird, dazu hält sich der Konzern weiterhin bedeckt. (Andrej Sokolow, dpa) / (jk)