Biophysiker: Grenzwert für Handystrahlung sicher
Bei intensivem Denken produziere das Gehirn mehr Wärme als ein Handy am Ohr, dennoch solle man nicht exzessiv telefonieren, sagt der Rostocker Biophysiker Jan Gisma.
Nach Überzeugung des Rostocker Biophysikers Jan Gimsa ist der geltende Grenzwert für Handystrahlung sicher. "Man sollte dennoch nicht exzessiv telefonieren, da letzte Zweifel noch nicht ausgeräumt sind", sagte Gimsa in einem dpa-Gespräch im Vorfeld einer Tagung zu dem Thema in der kommenden Woche in Rostock. Die Teilnehmer befassen sich dabei mit der Frage, wie sich die Strahlung auf menschliche Zellen auswirken könnte. "Es gibt jedenfalls keinen Grund zur Panik oder für Forderungen, das mobile oder schnurlose Telefonieren abzuschaffen."
Laut Gimsa orientiert sich der Grenzwert für die Strahlungsintensität an der körpereigenen Wärmeproduktion pro Kilogramm Gewebe von vier Watt, die um den Faktor 50 unterschritten werden muss. Dabei werde jedoch die Struktur der Zellen nicht berücksichtigt: "Körperzellen sind elektrisch stark strukturiert. Strahlung hat daher auf verschiedene Strukturen in der Zelle unterschiedliche Auswirkungen." Einzelne Zellteile könnten so mehr Strahlung absorbieren als andere. Dieses Phänomen sei schon länger bekannt und werde in der Medizin unter anderem dazu genutzt, mit Hilfe erheblich höherer Feldstärken Zellen zu manipulieren.
In diesem Zusammenhang seien noch nicht alle Mechanismen erforscht, räumte Gimsa ein. Belegt sei jedoch, dass der geltende Grenzwert vor Wärmestrahlung durch Handys schütze. "Bei intensivem Denken produziert das Gehirn mehr Wärme als ein Handy am Ohr." Mögliche Auswirkungen auf Gewebe jenseits der Erwärmung seien zwar auch schon nachgewiesen worden, "allerdings nur in sehr künstlichen molekularen Strukturen, die in der menschlichen Physiologie nicht auftauchen", betonte der Forscher.
Die Gefahr, die von Mobilfunk-Sendemasten ausgehe, werde verbreitet überschätzt, sagte Gimsa. "Die Stationen produzieren eine Feldstärke, die bereits in wenigen hundert Metern Entfernung hundert Mal geringer ist als die eines Handys am Ohr." Gedanken müsse man sich ohnehin nur machen, wenn man direkt gegenüber eines Mastes wohne direkt nach unten sei die Strahlungsintensität sehr gering. Die Basisstation von schnurlosen Telefonen in der Wohnung dagegen verursache meist eine höhere Strahlungsbelastung. Im Gegensatz zum Handy sendet sie ständig Signale aus, um mit dem Mobilteil Verbindung zu halten, auch wenn dieses in der Ladestation steckt.
Zu der Konferenz werden vom 11. bis 13. September rund 50 Experten verschiedener Fachrichtungen erwartet.
(Axel Büssem/dpa) (je)