Überwachung der Telekommunikation hat erneut zugenommen

Im Jahr 2005 erfolgten im Vergleich zum Vorjahr 45,5 Prozent mehr Anordnungen zur Überwachung der Telekommunikation; in 68 Prozent aller Verfahren handelte es sich um Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz.

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Von
  • Christiane Schulzki-Haddouti

Im Jahr 2005 nahmen die Maßnahmen zur Überwachung der Telekommunikation in Deutschland nach Angaben der Bundesregierung erneut massiv zu. Auf eine schriftliche Frage des grünen Bundestagsabgeordneten Hans-Christian Ströbele teilte das Bundesjustizministerium schriftlich mit, dass im Jahr 2005 gegenüber dem Vorjahr 45,5 Prozent mehr Anordnungen zur Überwachung der Telekommunikation erfolgten. Auch die Zahl der betroffenen Anschlusskennungen stieg rasant um 20,1 Prozent. Gerieten im Jahr 2004 noch 40.973 Anschlusskennungen ins Visier der Fahnder, so waren es im Folgejahr bereits 49.226 Anschlüsse.

Aus der Jahresstatistik der Bundesnetzagentur lässt sich ersehen, welche Anschlussarten betroffen waren: In 85 Prozent aller Fälle wurden Mobiltelefon-Anschlüsse überwacht, 9 Prozent entfielen auf analoge Telefon- und 5 Prozent auf ISDN-Anschlüsse. E-Mail-Kennungen und Internetzugänge waren mit weniger als 1 Prozent betroffen. Auch die Zahl der Anordnungen stieg nach Auskunft des Bundesjustizministeriums deutlich: Ergingen 2004 noch 29.017 Anordnungen, so waren es 2005 bereits 42.508. Die Anzahl der Verfahren stieg um 4,5 Prozent auf 4.925. Die Zahl der betroffenen Anschlussinhaber nahm mit 12.606 Personen um 6,3 Prozent zu – die Zahl der ebenfalls betroffenen Kommunikationspartner wurde nicht genannt. Über die Dauer der Anordnungen liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor.

In 68 Prozent aller Verfahren handelte es sich um Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz. An zweiter Stelle stehen mit 6,3 Prozent Verfahren wegen Raub oder räuberischer Erpressung, an dritter Stelle mit 5,5 Prozent aller Verfahren Mord, Totschlag und Völkermord. In Süddeutschland wurden die meisten Anordnungen erlassen: In Baden-Württemberg waren es 777 Verfahren mit 2123 Betroffenen, in Bayern sogar 885 Verfahren mit 1997 Betroffenen. Im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen wurden lediglich 485 Verfahren mit 1285 Betroffenen gezählt.

Um diesen erneut erfolgten Anstieg zu stoppen und die Zahl der Telekommunikationsüberwachungen deutlich zu senken, kündigten die Grünen im Bundestag an, "sehr kurzfristig" einen Gesetzentwurf zur Reform der Telekommmunikationsüberwachungsregelungen vorzulegen. Er soll den Straftatenkatalog zu Gunsten einer Orientierung an der zu erwartenden Mindeststrafe abschaffen. (Christiane Schulzki-Haddouti) / (jk)