Mehr als nur reden: Die Zukunft des Autotelefons

Telefonieren im Auto ist so selbstverständlich, dass Ordnungshüter Mühe haben, diejenigen zu erwischen, die trotz Verbots mit dem Handy am Ohr durch die Gegend gondeln. Das Autotelefon wird künftig aber weit mehr als ein mobiles Kommunikationsgerät sein.

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Von
  • Heiko Haupt
  • dpa

Galt das Telefonieren im Auto noch vor gut einem Jahrzehnt als etwas Besonderes, so ist es heute eine Selbstverständlichkeit. Es ist sogar so selbstverständlich, dass die Ordnungshüter Mühe haben, all diejenigen zu erwischen, die trotz aller Verbote mit dem Handy am Ohr durch die Gegend gondeln. Mittlerweile ist das Telefon im Auto aber auf dem Weg, weit mehr zu sein als ein mobiles Kommunikationsgerät für Menschen untereinander. Das Autotelefon mausert sich vielmehr zu einer Vermittlungsstelle, die in Zukunft eine ganze Reihe zusätzlicher Aufgaben übernehmen wird – und manches ist bereits auf dem Weg zur Massentauglichkeit.

Die Geschichte des Autotelefons ist rund 50 Jahre alt: Im Jahr 1955 soll laut dem Informationszentrum Mobilfunk (IZMF) in Berlin Bundeskanzler Konrad Adenauer der erste Nutzer eines Autotelefons gewesen sein. In seinem Dienstwagen konnte er auf diese Weise fernmündlich über aktuelle Geschehnisse informiert werden. Mit dem Handy von heute hatte das allerdings wenig zu tun: Das Gerät soll auf ein stattliches Gewicht von 16 Kilogramm gekommen sein.

Heute dagegen ist das Telefon im Auto ein federleichtes Gerät, das – hält man sich an die rechtlichen Bestimmungen – nur über eine Freisprecheinrichtung genutzt wird. Auch schlechter Empfang während der Fahrt wird heute mit modernen Technologien bekämpft. "Es ist eine erkennbare Entwicklung, dass Fahrzeuge ab Werk zunehmend mit einem so genannten Compenser ausgestattet werden", erklärt Manfred Breul, Bereichsleiter Telekommunikation beim Bundesverband Informationswirtschaft Telekommunikation und neue Medien (Bitkom) in Berlin. "Im Grunde handelt es sich um einen Verstärker, der automatisch nachregelt."

Gearbeitet wird außerdem an einer komfortableren Nutzung. Wobei es gerade auch um jene Klientel geht, die zwar immer mit dem eigenen Handy unterwegs ist – aber nicht immer im gleichen Auto sitzt. Das Stichwort in diesem Zusammenhang lautet nach Angaben von Andres Sieverking von Nokia in Bochum "Sim Access Profile". Die in das jeweilige Fahrzeug integrierte Technik des Autotelefons erkennt automatisch das Benutzerprofil. "Das bedeutet, dass automatisch die Sim-Karte ausgelesen wird." Die Funktionen des eigenen Handys werden übernommen, die Abrechnung erfolgt über die eigene Rufnummer.

Abgesehen davon ist das Telefon im Auto aber auf einem Weg, der seine ursprüngliche Funktion fast schon zur Nebentätigkeit werden lässt. Vielmehr sind auch heute schon zusätzliche Dienste speziell für Autofahrer abrufbar. So bietet Vodafone in Düsseldorf den Kunden die Möglichkeit, Staus abzufragen, ohne dass ein Navigationssystem vorhanden sein muss. "Der Fahrer gibt beispielsweise die Bezeichnung der Autobahn ein, die er nutzen will. Er erhält dann in Form einer Textmeldung Informationen darüber, wo sich auf der Strecke Staus befinden", sagt Vodafone-Sprecherin Marion Stolzenwald in Düsseldorf.

Ein weiteres Entwicklungsthema ist der Bedienkomfort. "Es geht weiter in Richtung Sprachsteuerung, bei der mit einfachen, gesprochenen Befehlen Funktionen abgerufen werden", sagt Manfred Breul. Auch die Möglichkeiten für Musik werden im Zusammenhang mit dem Auto und dem Telefon wohl noch weiter ausgedehnt werden. Die Experten stören sich unter anderem daran, dass der Autofahrer für seine Musik-Downloads den MP3-Player als Zwischenstation mitnehmen muss. Laut Breul wird Musik künftig nicht nur aufs Handy oder den MP3-Player geladen. In der integrierten "Telefonzentrale" im Auto befindet sich eine Möglichkeit, Downloads direkt ins Auto zu bringen, um sie dort ohne Zwischenstationen nutzen zu können. "Das wäre im Grunde der nächste logische Schritt."

Eine weitere Baustelle rund um das Telefonieren im Auto ist das Thema Fahrzeugelektronik. Denn auch auf die könnte via Mobiltelefon zugegriffen werden. "Dabei geht es unter anderem um den Fall, dass bei einer Panne Informationen an die Werkstatt weitergeleitet werden", erläutert Breul. Eine andere Variante wäre, dass ein Pannendienst schon vor dem Ausrücken über die Mobilfunknetze einen Blick auf die Autoelektronik werfen kann. So bekommt er früh eine Vorstellung, um welche Art von Defekt es sich wohl handeln könnte. Weiter in der Zukunft liegt die Möglichkeit, dass Autohersteller in bestimmten Situationen Software-Updates für die Motorelektronik aus der Ferne einspielen können. Dabei muss jedoch sicher gestellt sein, dass keine Fehler während der Übertragung die Bordelektronik lahmlegen – und dass kein Hacker seine eigenen Daten darunter mischt.

Doch so vielseitig die Zukunft des Mobiltelefons im Auto auch sein wird, der telefonierende Fahrer hat sich verstärkt darauf einzustellen, dass er nur so telefoniert, wie es der Gesetzgeber erlaubt. "Der Trend geht hier weiter zu restriktiven Maßnahmen", warnt Maximilian Maurer, Sprecher des ADAC in München. Und dass am Ende womöglich ein völliges Verbot des Telefonierens unterwegs erfolgt, will ja auch niemand. (Heiko Haupt, dpa) / (jk)