Medica 2006: Meilen, Steine und die ersten Gesundheitskarten
Zusammen mit den Bundesverbänden der Betriebskrankenkassen und der Innungskrankenkassen will die DAK eine IT-Holding gründen, die als IT-Dienstleister alle IT-Arbeiten für die angeschlossenen 220 Kassen und ihre 26 Millionen Mitglieder übernehmen soll.
Mediziner haben mitunter einen schrägen Humor: Zwei als Mafiosi verkleidete Schauspieler überreichten dem nordrhein-westfälischen Gesundheitsminister Karl Laumann (CDU) eine CD-ROM, ausgewiesen als Meilenstein auf dem Wege zur elektronischen Patientenakte. Danach waren die Vertreter der Barmer Ersatzkasse, der DAK und der TKK dran. Sie überreichten die ersten elektronischen Gesundheitskarten (eGK) an ihre Mitglieder, hübsch versteckt in Blumensträußen. Ade Eva Heilsam und Michaela Musterfrau, ab jetzt kommen richtige Namen wie die glückliche Familie Becker bei der DAK. Den eigentliche Knaller der Medica lieferte aber nicht die Karte und ihre Komponenten, sondern eben jene DAK.
Zusammen mit den Bundesverbänden der Betriebskrankenkassen (BKK) und der Innungskrankenkassen gab die DAK bekannt, dass man im nächsten Jahr eine IT-Holding gründen werde, die als IT-Dienstleister alle IT-Arbeiten für die angeschlossenen 220 Kassen und ihre 26 Millionen Mitglieder übernehmen werden. Sollten die Pläne umgesetzt werden, würde die größte deutsche IT-Allianz im Versicherungswesen mit 1000 Mitarbeitern und sieben Rechenzentren entstehen. Marktmäßig liegt der Verbund zwar hinter der Allianz von SAP, AOK und der Barmer Ersatzkasse mit der Software Oscare, die jedoch nicht in einer vereinten IT-Holding zusammengeschlossen sind. Versicherungsexperten gehen davon aus, dass der Zusammenschluss der IT nur der Anfang einer neuen Konzentrationswelle ist: Wer seine IT zusammenlegt, kann auch seine Geschäftsstellen zusammenlegen. Ausdrücklich erwähnt die Meldung der DAK zur IT-Holding die Einführung der Gesundheitskarte, die gestemmt werden will: Am Ende sorgt sie dafür, dass drei oder vier IT-Zentren die Daten der deutschen Versicherten verwalten.
Neben den echten Karten, die in Zukunft mit digitalen Signaturen und Anwendungsfächern für eRezept und die Notfalldaten ausgestattet werden, waren die ersten Konnektoren zu sehen, die derzeit bei der Gematik und beim BSI getestet werden. Die Spannbreite reichte vom Cisco 1800, einem Router von der Stange, angereichert mit der Sicherheitssoftware von ICW, bis zum Mini-PC, der bei Fujitsu Siemens als Thin Client unter dem Namen Futro S arbeitet und auf dem die Sicherheitssoftware HiPath (PDF-Datei) läuft. Für den richtigen Gesundheitskonnektor werde Fujitsu Siemens eine Sonderserie auflegen, bei der all der PC-Schnickschnack wie die parallele Schnittstelle, Tastatur- und Mausanschluss sowie überflüssige USB-Ports verschwinden, erklärte ein Siemens-Sprecher. Zwischen diesen Polen liegt der Konnektor von MaK Data System, der schon beim Test der einst für die Region entworfenen quietschgelben Gesundheitskarte Schleswig-Holstein zum Einsatz kam. Er basiert auf der Sina-Box der Firma Secunet, die u.a. die deutschen Botschaften mit dem Außenministerium vertunnelt. Auf der Box läuft der Certware Health Connector von MaK Data, die Prüfung der Sicherheitsstandards übernimmt Atos Origin. Wie bei Siemens ist auch hier ein gehärtetes und vom BSI geprüftes Linux die Grundlage für Systeme, die gleichzeitig den Netzkonnektor (Anbindung an das Telematik-Netz) und den Anwendungskonnektor (Identifizierung und Zertifizierung der Anwendungen) für Primärsysteme realisieren.
Am NRW-Stand, an dem die Mafiosi mit dem Patientenakten-Meilenstein auf den Gesundheitsminister warteten, war ein Meilensteinchen zu sehen. Am Stand der Ärztekammer Nordrhein wurde gezeigt, wie ein XML-standardisierter VHitG-Arztbrief vom Arzt mit seinem Heilberufsausweis (HBA) signiert und verschickt werden kann. Die von Aloaha entwickelte Software sorgt für die Visualisierung und dafür, dass der Empfänger mit seinem HBA die "Unterschrift" des Absenders prüfen kann. Viele kleine Schritte dieser Art sind nötig, bis die deutsche Gesundheitstelematik realisiert ist.
Zur Medica 2006 siehe auch:
(Detlef Borchers) / (jk)